Erich & Schmitte – Entscheidend ist am Beckenrand

Dieser Dokumentarfilm von Stefan Eisenburger (1979 – 2016) ist mehr als nur eine Dokumentation über das Alter in der prosperierenden Bundesrepublik und von einer Rentnergeneration, der es gut geht, die sich noch einen angenehmen Lebensstandard leisten kann – das ist sie zwar auch.

Sie ist auch eine Dokumentation zum Thema Freundschaft. Zum einen geht es um die Alters-Freundschaft zwischen Erich und Schmitte, zwei ältere Herren, die nach dem Tod der Frau von Erich über den Schwimmsport als Leistungssport zueinander gefunden haben und die generell zum positiven Denken tendieren.

Im Film ist das Ziel die EM in London von 2016. Erich wird von seiner Tochter gelegentlich unterstützt, während Schmitte eine noch berufstätige Freundin fünfeinhalb Autostunden von seinem Wohnort entfernt als Wochenendbeziehung pflegt.

Der Film ist aber noch mehr. Er dokumentiert gleichzeitig die Freundschaft, die sich über die Arbeit an dem Film, zwischen dem zugeneigten Stefan Eisenburger und den beiden Protagonisten entwickelt hat.

Schon früh im Film tritt Stefan Eisenburger selbst ins Bild bei einer Duschszene und macht darauf aufmerksam, wie selbstverständlich inzwischen die Kamera für Erich geworden sei. Meist ist Stefan allein (also ohne Filmteam) mit seinen Darstellern unterwegs. Er trinkt mit dem einen ein Feierabendbier auf dem Sofa, sie gucken zusammen Fußball. Oder er begleitet Schmitte bei seinem Wochenendausflug zu dessen Freundin. Auch so kommen im Auto nur mit Gopro und dem Dokumentaristen als Freund Gespräche zustande.

Das Trainingslager für die EM auf Teneriffa bringt den Dokumentaristen und die beiden alten Männer noch näher zusammen. „So, jetzt bring‘ ich Euch mal ins Bett“ – Stefan darf im Zimmer bleiben, bis die beiden Herren, der eine unter der Sauerstoffmaske, in ihren getrennten Betten liegen und das Licht ausgeht.

Köstlich ist die Szene mit dem Strömungskanal, wo die Schwimmer mit Kameras aufgenommen und die Videos anschließend vom Trainer analysiert werden.

Der Tod von Stefan Eisenburger im September 2016 durch einen Badeunfall setzte den Dreharbeiten ein abruptes Ende. Jetzt sind dem Film, was ihn zum Gedenkfilm macht, noch Material über die Trauer der beiden Protagonisten hinzugefügt worden.

Aber: sie schwimmen weiter, Erich, der zwischendrin sogar die Wettschwimmerei aufgeben wollte, lässt sich wieder auf Wettbewerb ein. Es ist also auch ein Film über Alter, Sport und Optimismus, ein Genre, das schon zahlreiche Filme hervorgebracht hat.

Und doch ist der Film durch seine Geschichte eine besondere Dokumentation und von tiefer Menschlichkeit. Wie Erich einmal beim Dreh etwas unvorsichtig in den Whirlpool rutscht, rennt Stefan sofort von hinter der Kamera zu seinem Protagonisten und fragt, ob alles in Ordnung sei.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert