Utoya 21. Juli

Leergeballert.

Ein Mann betritt schwerbewaffnet eine Insel mit einem Jugendcamp. Ohne Vorwarnung fängt er an, gezielt auf die Jugendlichen zu schießen. Innert 72 Minuten tötet er 77 Jugendliche und hinterlässt viele Schwerverletzte und Traumatisierte.

Was sich wie das Drehbuch zu einem schlechten Film liest, ist am 22. Juli 2011 in Norwegen Realität geworden.

Der Täter (im Film hat er, und das dient mit der Entmythologisierung, keinen Namen) hatte zuvor zur Ablenkung in Oslo eine Bombe gezündet. Seine Taten hat er mit einem Wust an rechtsextremem Gedankengut begründet. Inzwischen sitzt er im Gefängnis.

Ob ein Stück Leben, was wie schlechtes Kno aussieht, zu verfilmen sinnvoll ist, haben Erik Poppe (Regie) und Anna Bache-Wiig und Siv Rajendram Eliassen (Drehbuch) positiv beantwortet. Sie haben sich für ein Realtime-Reenactment aus der Sicht des Opfers Kaja (Andrea Berntzen) und mit künstlerischen Freiheiten entschieden.

Nach kurzer Intro mit Archivmaterial zum Anschlag in Oslo schwenkt der Film und die Dokustyle-Handkamera sofort ins Jugendcamp zu Katja. Sie und ein paar Figuren um sie herum werden mit Alltagsgeplänkel kurz anskizziert. Schon fallen die ersten Schüsse. Ein Sound, der den Rest des Filmes, ergänzt mit Handgranatenlärm, in unregelmäßigen Abständen durchzieht.

Die Darsteller werden zu pausenlosem Hyperventilieren angehalten. Der Zuschauer wird in die Lage der katastrophalen Uninformiertheit der Opfer mit hineingezogen. Er soll ein Nah-Opfererlebnis vermittelt bekommen. Wie sie rennen, wie sie kauern, wie sie flüstern, weinen, zu telefonieren versuchen, sich um Verletzte kümmern; einmal taucht die schablonenhafte Gestalt des Schützen oben auf einem Felsen auf. Er ballert bis die Magazine leer sind.

Der Film bleibt konsequent nah dran an Katja, verstärkt so den Bedröppelungsfaktor aufs Publikum, das er damit vor den Gefahren des Rechtsextremismus warnen und aufrütteln möchte.

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