Grüner wird’s nicht, sagte der Gärtner und flog davon

Trotz

skurriler Grundidee (oder Titel) und prägnanter Schauspielergesichter dürften die schlichten Gemüter, für die der Film gedacht scheint, eher keine Kinogänger sein oder sie haben in den 50er Jahren gelebt.

Der Titel verspricht deutlich mehr Skurrilität als das einfallslose Drehbuch von Gernot Gricksch und Florian Gallenberger nach der Geschichte von Jockel Tschiersch efüllen können und die behäbig, unbeweglich-staatstheaterliche Inszenierung von Florian Gallenberger (einst hoffnungsvoller Studentenoscarpreisträger) macht den GAU der Diskrepanz zwischen Grundidee und dem mit dem Eingriff des multiplen Förderapparates schwer beschädigten Endproduktes perfekt.

Der Bauerntheaterplot (auf Degeto-Kukident Brei-Niveau runtergekocht) geht so: Der Gärtner Schorsch Kemper (Elmar Wepper) ist ein Flugnarr. Er hat Schulden. Seine Ehe mit Monika (Baumgartner, sehr todernst spielt sie, als sei sie in einem griechischen Drama – auch das wohl ein elementares Missverständnis; vielleicht möchte sie sich für die Medea empfehlen?) ist vertrocknet.

Sein Auftraggeber, der einen Golfplatz anlegen will, ist mit dem Grün des Greens nicht zufrieden, das ist Dr. Starcke (der behäbig aus dem Kino der 50er zu stammen scheinende Bernd Stegemann). Das wird eingangs in einer Szene, die wie für Analphabeten und Menschen, die schwer von Begriff sind, ausgewalzt ist, erklärt.

Wie überhaupt die Kinohandschrft des Florian Gallenberger mehr an einen ordentlichen ABC-Schützen erinnert, der zeigen möchte dass er brav lernt, als einen Künstler, der damit was erzählen will und auch, dass er sich mit der Welt auseinandersetzt. So, als ob es jenseits des deutschen Subventionstümpels kein Kino und schon gar kein Weltkino gäbe und nie eines gegeben habe.

Schulden hat Kemper auch und Töchterchen Miriam (Karolina Horster, sollte wenigstens den Umgang mit Gartengeräten und Pflanzen im Zuge des Rollenstudiums etwas üben, denn das hat sie, auch wenn ihre Ziele jetzt andere sind, von kleinauf gelernt) möchte zu Vaters Missfallen an die Kunstakademie statt die Gärtnerei zu übernehmen; ein erzbewährter Bauerntheaterplot.

Wie der Gerichtsvollzieher den zweisitzigen Doppeldecker von Kemper pfänden will, fliegt Kemper Hals über Kopf davon. Auch das inszeniert Gallenberger irre schwerfällig, wie einer, der sich beim Sprechen jede Silbe überlegen muss.

Somit wird aus dem Film ein Abhaufilm, ein Airroadmovie mit der in den Degeto-Muskuchen passenden Moral, Achtung Zeigefinger, Zeigefinger: man soll sich seinen Problemen stellen und nicht abhauen. Mit diesem fetten, billigen Stück Moralin gelingt es Tschiersch und Gricksch, sich ein schönes Stück vom Zwangsgebührenhaufen abzuschneiden, ohne sich allzusehr anstrengen zu müssen, ohne sich eingehend mit ihren Figuren beschäftigen zu müssen, die können alle mit schnellem Griff aus der Klischeekiste hervorgeholt werden.

Damit das nicht so auffällt und zum Beweis von Filmemachers kritischer Weltsicht schneidet Gallenberger ab und an Luftaufnahmen von rauchenden Kraftwerksschloten, von schäumenden Kläranlagen oder von Windparks dazwischen.

Kempers Orientierungspunkt ist das Polarlicht, das möchte er sehen und in es hineinfliegen. Wobei, so wie Wepper ihn anlegt, dieser Wunsch nicht plausibel wird, wobei auch das vermutlich schon auf handwerkliche Mängel der Drehbuchautoren zurückzuführen ist, dass das nicht richtig eingeführt wird.

Kemper fliegt ohne Navigation los gen Norden, verifliegt sich dann aber vermutlich aus Gründen regionaler Filmförderung doch lieber gegen Ostdeutschland, auch weil Dagmar Manzel von dort stammt und in ihrer Rolle angeblich nach der Wende einen Fliegerhorst für eine Mark gekauft hat.

Auch Manzel ist in den Film genommen worden, damit sie als Degeto-Moralistin dem Herrn Wepper ein paar Weisheiten verbraten soll von wegen Abhauen und über Verlust. Auch ihre ist eine an den Haaren herbeierfundene Geschichte – zumindest so wie sie erzählt wird.

Überhaupt wird der Flug zum reinen Märchen, hinkt allerdings bedenklich weit hinter dem Erzählreichtum der Gebrüder Grimm zurück.

Da immer wieder der Sprit ausgeht, muss Kemper Zwischenlandungen einlegen. An allen Landestationen findet Kemper in diesem Immer-blauer-Himmel-und-wenns-regnet-dann-richtig-Film mehr oder weniger gut präparierte und zur Statuarik neigende deutsch-öffentlich-rechtliche Subventionsstars vor, die generell ihre Rollen ungenügend vorbereitet haben – oder die damit zufrieden sich geben, den Text auswendig zu lernen und ihn präzise zu bringen und die geradezu auf den Doppeldecker gewartet zu haben scheinen.

Da ist der Bauer im Allgäu, Hans (Michael Hanemann). Er deckt das Bedröppelthema „Alleinsein“ ab. Da ist die Degeto-Klischee Superreichfamilie von Zeydlitz. Der Vater, Ulrich Tukur, distanziert sich parodistisch von der Rolle und vom Film und scheint bei der Zusage eher aufs Konto als auf das Buch geschaut zu haben (wäre ja gelacht, wenn wir den Schwachsinn nicht überspielen können, wird er sich gedacht haben). Sunnyi Melles scheint sich nicht weiter mit ihrer Rolle beschäftigt zu haben, deshalb nimmt man ihr auch nicht ab, dass sie vorher die Pflegerin der verschiedenen Gattin des Hausherrn gewesen sei; sie holt lediglich ihr Klischee von der Supperreichen aus dem Mottenschrank.

Dem Film scheint es eh nicht um Plausibilität zu gehen, Märchen ist doch leichter, glaubt er, mehr um Kitsch – und leises Sprechen, das können diese Berufsdarsteller bei Gott, wenn es darum geht, eine Banalität als wichtig darzustellen.

Reichentöchterchen Philomena (Emma Bading) ist ein Ausbund an Klischee von jugendlicher Antihaltung. Die Darstellerin macht es sich mit dem Typenspiel einfach. Sie schmuggelt sich unter die Decke des Vordersitzes vor Kempers Weiterflug. Auch das inszeniert Gallenberger mit breitbeiniger Spreitzfüßigkeit und Absehbarkeit, steif, dass einem um sein Gemächt bange wird.

Selbst mit einer Kürzung um 20 Minuten wäre der Zweistundenstreifen fürs Kino wohl kaum zu retten. Wie so ein Millionen-GAU möglich wurde, darüber darf spekuliert werden.

Es dürfte mit Pfründentum, öffentlich-rechtlicher Abschiebung von Verantwortung auf Gremien, auf Mangel an Wettbewerb, auf Funktionärsdreinredenwollen und andere strukturelle Impoderabilien zurückzuführen sein.

Wieder werden Millionen Euro an Zwangsgebührengeldern, ohne Mehrwert zu bringen, verbrannt.

Zur Beschaffung dieses Geldes greift der sogenannte „Beitragsservice“, der missgeburtige Nachfolger der GEZ, zu immer brachialeren Mitteln, bedroht arme Haushalte, die echt nichts haben, aber nicht in der HartzIV- oder Grundsicherungsstreckbank hängen, mit Zwangsvollstreckung.

Das ist kein Happy End, wie dieser Film es vorgaukelt. Insofern ist dieser Film eine einzige Lüge, auch in vielen Fällen die Bestätigung einer Lebenslüge von Suventionsabgreifern.

Staatlich geföderte Lügengeschichte zum Haarölsaufen. Für mich grenzt das bereits an kriminelles Verhalten, wenn für so beschafftes Geld solch minderwertigen Produkte hergestellt werden, bei denen es sich die Beteiligten generell sehr, sehr einfach machen, wodurch ein Resultat zustande kommt, das bestenfalls für schlichte Gemüter etwas ist, die aber sicher nicht ins Kino gehen. Wenig Geist, und wenn, dann verstaubt.

Die Gartengestaltung, die Kempter bei Zeydlitzens entwirft und zu realisieren anfängt, wird unglaubwürdig erzählt – als sei mittendrin beim Drehen das Geld knapp geworden und auch Elmar Wepper sollte sich, wenn er schon einen Gärtner spielt, der sein Leben lang Gärtner war, wenigstens auf Szenen mit dem kleinen Aushubbäggerchen vorbereiten, dass man ihm sein Handwerk wenigstens abnimmt. Denn auch Wepper spielt hier sicher nicht für Gotteslohn, weil er glaubt, mit dieser Rolle und diesem Film etwas zur Demokratie in Deutschland beizutragen. Und so ist der ganze Film durchzogen von den offensichtlichen Bequemlichkeiten überbezahlter Subventioonsstars, die im Subventionstümpel hofiert werden.

Überlüssig und ein massives Argument für eine deutliche Zwangsgebührenreduktionen.
Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers!

Zur literarischen Qualität des Unterhaltungs-Niveau:
„Winzig is er, dein Schrumpfpimmel, dass d‘ ihn überhaupt findst unter Deiner Wampe“.
„Du bist genau richtig, wie Du bist“
„Ich mach jetzt eine eigene Reise“ (das stammt wohl aus dem Drehbuch-Lehrbuch).
Und dann noch eine dezidierte UPS-Werbung.

Krasser Fortschritt gegenüber dem Heimatfilm der 50er Jahr: Oma lebt mit ihrer Frau in den Dünen.

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