Dagmar Manzel – Porträt einer Antidiva (BR, Montag, 27. August 2018, 22.00 Uhr)

Ein Mesut Özil der darstellenden Kunst?

Dagmar Manzel ist ein Naturtalent, eine stimmige Schauspielerin und glaubwürdig dazu, eine, die von der Muse oder vom Engel geküsst wurde. Insofern ist ihr immer schön zuzusehen.

Sie ist in der DDR aufgewachsen und dort Schauspielerin und ein Star geworden. Sie hat das System der DDR als gegeben genommen und nicht in Frage gestellt. Den Wegfall dieses politischen Systems hat sie mit Annahme des katholischen Glaubens kompensiert. Sie wurde nahtlos zum Subventionsstar im Film- und Fernsehsystem der jetzigen Bundesrepublik. Sie selbst hat mit 40 noch eine Operettenkarriere als Soubrette an der Komischen Oper in Berlin begonnen. Auch das offenbar ohne Krampf und mit glänzendem Erfolg.

Aber diese unbedarfte Dokumentation von Josephine Links und Maria Wischnewski ist unergiebig. Sie wühlen sich eher zufällig durch das immense Bildmaterial, was es heutzutage von einem darstellenden Künstler gibt, speziell von einer Film- und Fernsehdarstellerin. Mit nicht besonders glücklicher Hand ziehen sie Fundstücke heraus und verschnetzeln sie kürzest geschnittenen noch mit Clips aus privatem Foto- und Super-8-Material aus der Kindheit von Dagmar Manzel und zusätzlich mit einem Wust aus Bla-Bla von üblichen Statementabsonderern aus ihrer Umgebung.

So ergibt sich eine unsolide Arbeit, die allenfalls klar macht, dass Dagmar Manzel ungeeignet für so eine Kuddelmuddel-Doku-Würdigung ist, wo sie selbst noch in einem Theater/Kino-Fauteil sitzend endlos über sich selbst reden soll und von Seiten der Dokumentaristen nicht die geringste Gesprächsführung oder Nachfragehaltung zu entdecken ist.

Da ich mittels Zwangsgebühr Mitfinanzierer dieser lausigen Dokumentation bin, schlage ich vor, die verantwortlichen Dokumentaristinnen nicht so schnell wieder öffentlich-rechtlich zu beschäftigen und die verantwortlichen Redakteure, für den BR: Fatima Abdollahyan und Petra Felber, Jens Stubenrauch für den RBB, Matthias Morgenthaler vom MDR, Titus Richter vom MDR sofort freizustellen. Mit den gesparten Kosten wäre wieder ein Schritt in Richtung Reduktion – und somit mehr Gerechtigkeit – der Zwangsgebühr getan.

Kuddelmuddel-Doku-Würdigung, die den Eindruck erweckt, die wollen ihre Protagonistin am liebsten begraben unter all den Bla-Bla-Statements und dem Dumm-Gequassele. Privatleben gab es bei ihr nur in der Kindheit; die taucht hier auf in Schwarz-Weiß-Fotos und Super-8-Filmen. Jetzt öffnet sie den Blick auf ihr Privatleben gerade mal für die Kinder, vielleicht auch als Promotionshife für die Tochter gedacht, die auch Schauspielerin ist.

Keine Nachfrage der Dokumentaristinnen, warum sie die DDR als gegeben hingenommen habe, keine Nachfrage, wieso sie ausgerechnet als Kompensation für den Wegfall der DDR zum katholischen Glaube übergetreten sei, keine Nachfrage zum aktuellen Thema Me-Too und schon gar keine Nachfrage zum deutschen Kino, zum deutschen Filmsubventionssystem.

Manzel will – bis auf die Kindheit und Erwähnung ihrer Kinder und Kindeskinder – keine Homestory. Das ist ihr gutes Recht. Manzel gibt weder eine gesellschaftliches, noch ein politisches oder kulturelles, besonderes Engagement zu erkennen. Das ist ihr gutes Recht. Aber da bleibt über sie kaum mehr was zu berichten. Dann müssten wenigstens die Rollen in ein entsprechend spannendes Erzähllicht getaucht werden. Sie mit Wärmejacke am Tatort-Dreh zu zeigen, ist nicht gerade ergebnisfördernd. Kein Mensch soll politisch sich öffentlich äußern müssen, aber wenn Manzel schon nur einerseits den Beruf will und sonst nur privat in Zürich die Oma spielen, so braucht es definitiv auch keine Dokumentation über sie. So zeigt die Doku lediglich, dass sie für die öffentlich-rechtlichen Sender eine bequeme Mitarbeiterin ist, zuverlässig und erster Güte, mit der sie mit dieser dünnflüssigen Doku noch Werbung für sich machen wollen.

Auch stimmt der Titel der Sendung nicht. Sie ist keine Antidiva. Sie ist lediglich privatistisch und möchte das bleiben. Insofern hat sie keine ausgereifte Starphilsophie. Eine Antidiva müsste so eine haben. Das könnte spannend sein.

Sie ist kein Antistar, sie ist ein Subventionsstar, der sich am liebsten verkriechen möchte. Insofern auch eine Variante des Beweises für das Darniederliegen der deutschen Filmkultur. Die andere Variante, das sind jene lauthalsen Selfmade-Stars, die in Hollywood reingeschnuppert haben, sich dort nicht halten konnten – oder schlicht nicht gut genug waren, dann reumütig nach Deutschland zurückkehren und hier mit der Hollywooderfahrung ihr Startum uns einzutrichtern versuchen.

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