Der Däne Bjarke Ingels wollte nie Architekt werden; wenn schon, dann Comic-Zeichner.
Mit seinem Bruder stieg er auf das Flachdach des elterlichen Bungalows, der leicht erhöht an einem See gebaut ist. Ihn störte, dass das Dach ungenutzt war. Den Vater störte, dass die Buben es nutzten. Und wenn der Vater den Sohn nicht an eine Architektur-Hochschule angemeldet hätte und Bjarke nur noch zu unterschreiben brauchte, dann wäre aus ihm wohl nie der berühmte, innovative Architekt geworden, als den ihn Kaspar Astrup Schröder in seiner lebendigen und spannenden Dokumentation schildert.
Auch mit 40 guckt Ingels immer noch jungenhaft, hat nur seine Architektur im Kopf. Er setzt sie immer in Verbindung zu ihrer Umgebung, denkt über die Außenhaut der Gebäude hinaus, verlässt das brave Auftagsdenken und trickst es aus.
Das wird klar an einem Kraftwerk, das er für Kopenhagen bauen soll. Über den ganzen Gebäude- und Wirtschaftskomplex zieht er eine Haut, auf der er eine Skipiste plant (denn kalt wird es in Dänemark und Schnee gibt es auch, nur keine Hügel); und auf der Steilseite wird die größte Kletterwand Europas entstehen.
Aber das reicht dem jungen Architekten nicht. Er will noch ein Zeichen setzen, eine knifflige technische Aufgabe: der Rauchausstoß aus dem Kamin soll in Stößen erfolgen, die Kringel bilden. Darauf muss einer erst mal kommen. Das fällt auf. Sein Laden blüht.
Wieder sticht Ingels alle Konkurrenten aus mit der Aufgabe aus einem Trockendock in Helsingör (ja, da wo Hamlet) ein nationales Schiffahrtsmuseum zu bauen. Er belässt das Dock leer als Kommunikations- und Querungsraum und baggert die Museumsräume in die Umgebung. Da erfährt er zum ersten Mal, dass Sieger es auch mit Anwälten und Prozessen zu tun bekommen können.
Das Büro BIG ist jetzt groß, will nach Amerika expandieren, nach New York. Hier werden zwei besondere Projekte dokumentiert: der zweite Turm für das Memorial zum Attentat aufs World-Trade-Center, der zweite Turm und ein Wohnturm am Rande von Manhatten zu Tribeca, in dem er einen eigenen Akzent in die New Yorker Skyline setzt und gleich ein ganzes Echo auf Manhattan mit einem Innenhof wie dem Central Park.
Ingels Familienleben kommt zu kurz, bis 40 hat er gar keines. Er schwebt auf seinen Ideen, wirft Ballast ab, führt die Architektur zu neuen Dimensionen.
Dann lernt er seine Mitarbeiterin Ruth aus Spanien näher kennen. So kommt noch etwas Lovestory in die ansonsten auch nicht dröge Doku. Nebst einer peripheren Krankengeschichte: nach einer Hirnerschütterung hatte Bjarke immer Kopfweh und es wurde auch eine Wucherung im Hirn entdeckt.
Gerne sinniert Ingels über das Schicksal berühmter Architekten, wie viele Akzente sie auf der Welt setzen können, wie viele von ihnen eines unnatürlichen Todes gestorben sind, und auch, wie viele im Alter erstarrt sind. Andererseits schläft er normalerweise wie ein Baby.
Aber das Problem, wie sehr das Leben seiner Büros von seiner Person abhängt, ist eine schwere Last auf seinen Schultern, denn das Büro in Dänemark, mit dem sie zwar ein großes Internet-Fenster nach New York pflegen, läuft nicht gut, wenn er nicht da ist. Das gibt ihm zu schaffen. Denn das ist wohl eine selten Begabung, die er hat, tun, was nicht vorgeschlagen wird und wo Probleme sind, auch Lösungen zu finden, so ist ein Gebäude eine endlose Reihe von Kämpfen, die es zu bestehen gilt, und kaum ist Bjarke nicht dabei, wird schon eine falsche Fassade gebaut.