On the Beach at Night Alone

Zeit zum Sein.

Ein Film in der Heutezeit. Und nicht ein Handy, das klingelt, oder das jemand erwartungs-, hoffnungsvoll hervorzieht; es werden lediglich ab und an erwähnt: SMS, Email, eine Nachricht schicken. Balsam für die Nerven.

Ein sanft existenzphilosophisches Konversationsstück des Nouvelle-Vague-geschulten Meisters aus Südkorea, Hong Sang Soo, umrahmend untermalt mit einem Schubert-Saiten-Quintett.

Eine Frau aus Südkorea, die Schauspielerin Younghee (Minhee Kim) hält sich an einem schönen Ort in Europa auf. Sie ist grundsätzlich melancholisch, nicht versessen auf einen Mann, offen für Gespräche und fürs Zigarettenrauchen und ab und an einen Schluck Alkohol.

Die Gespräche mit einer anderen Frau finden statt auf dem Balkon, in einem Kaffee, in einem Park. Sie drehen sich um die Liebe, die Männer, solche, die alt und schlecht aussehen, solche, die unter dem Pantoffel stehen, das Verhältnis von Männern zu Frauen an Beispielen, über Trennung und Zweisamkeit, über das Spaßhaben oder auch nicht, über das Bücherlesen, das Am-Leben-Hängen, die Liebe, den Gemütszustand, über Zeit und Veränderung, Freundschaft, das Alter und die Wehwehchen, Kopfschmerzen bei Männern und auch noch um eine künstlerische Krise, in der sich Younghee befindet, weshalb sie sich vermutlich die Auszeit in Europa genommen hat; das hängt mit dem Verhältnis zu einem verheirateten Regisseur zusammen – das verfolgt sie bis in die Träume. Ihr Ziel ist, herauszufinden, was sie wirklich will. Wozu ist der Mensch auf der Welt? Sie will die Gefühlskrise bewältigen. Diese eine Beziehung hat sie hinter sich. Es ging halt nicht. Sie glaubt, er kam mit ihr nicht zurecht.

In Teil 2, der über einer langen Schwarzphase die Titel der koreanischen Schauspieler dieses Teils einblendet, bleiben die Themen weiter virulent in Gesprächen mit den Menschen, die Younghee für ihre Auszeit hinter sich gelassen hat.

Themen und Szenen: der Unterschied zwischen europäischen und koreanischen Männern. Über Kinder. Spazieren und plaudern. Essen und kochen. Man ist zu Gast oder in einem Hotelzimmer. An einem deutschen Ort. Oder in Korea. Der Mann, der erwartet wird. Und der Mann, der im Park nach der Uhr fragt, Symbol für die direkte Anmache in Europa.

In langen, unkoplizierten Einstellungen, meist stehende Kamera, nur selten ein Schwenk oder ein Zoom, nie Schnitt und Gegenschnitt, lässt Hong Sang Soo die Gespräche sich entwicklen, das existenzielle Thema sich häuten. Der Sinn des Lesens. Sie malt sein Gesicht in Sand. Am deutschen Strand. Dann am koreanischen Strand.

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