The Square

Eingesperrt in ein Quadrat

sind hier die Begriffe des Vertrauens, der Fürsorge, der Gleichheit von Rechten und Pflichten. Das würde dieser Film von Ruben Östlund (Höhere Gewalt), der eine liebenswürdige Insidererzählung über die Widersprüche im Kunstbetrieb ist, nie so behaupten. Aber die Erzählung tut es. Durch die Erzählung wird klar, dass der Kunstbetrieb, was er in der Öffentlichkeit behauptet, im Privatleben und im Betriebe mit Füßen tritt.

Das Kunstwerk „The Square“, das Quadrat, um das es hier geht, ist ein in den Boden des Vorplatzes des Royal Museum in Stockholm eingelassenes Quadrat und wird als Schutzraum für den Menschen behauptet, in welchem er Vertrauen üben kann, in dem er fürsorglich behandelt wird, in dem alle Menschen (Kreaturen?) gleich sind und gleiche Pflichten haben.

Faktisch scheint es eher, als seien diese Begriffe hier weggesperrt, aber das ironisiert der Film nicht weiter. Er erzählt die Geschichte vom Chefkurator des Royal Museums, Christian (Claes Bang, ein hervorragend gut getroffener Cast!).

Dieser will Furore machen mit dem Kunstwerk „The Square“. Es ist der erste Ankauf aus der Stiftung eines rührenden älteren Ehepaares. Es ist für das Museum eine High-Hope, die Spekulation auf einen durchschlagenden Erfolg bei Publikum und Medien.

Dem soll mit Hilfe einer PR-Agentur nachgeholfen werden. Die wiederum hat die schlaue Idee, dass ein Youtube-Clip mit der gegenteiligen Wirkung den höchsten Aufmerksamkeitsgrad und damit die höchste Klickzahl erwarten lässt. Ein Kind schenkt dem Quadart Vertrauen, betritt es – und wird in die Luft gesprengt.

Der PR-Erfolg stellt sich ein. Allerdings nicht ganz so, wie Christian es sich gewünscht hat. Dabei ist er an vielen anderen Baustellen in der Bredouille. Er muss naiven Interviewerinnen Red und Antwort stehen, an Talkrunden teilnehmen, er verbringt nach einem heißen Disco-Abend die Nacht mit seiner Mitarbeiterin Anne (Elisabeth Moss).

Das nutzt Ruben Östlund für einen kleinen eigenen Kurzfilm zum Thema Kondome, vor und nach dem Gebrauch.

Am nächsten Tag stellt Anne Christian zur Rede zu seinem ethischen Verhalten Frauen gegenüber. Sie weiß vermutlich nicht, dass er wohl geschieden ist und zwei entzückende Mädchen hat. Bald wird klar, dass er in dieser Hinsicht ein ziemliches Arschloch ist.

Passend dazu taucht im Film immer wieder die Kunstinstallation des Oleg (Terry Notary) auf, ein Mann mehr Gorilla als Mensch, der nur zornige Urlaute von sich gibt – auch er wird später bei einem Sponsoren-Dinner einen beklemmenden Auftritt haben.

Dann sind Christian noch die Manschettenknöpfe vom Opa, Handy und Geldbörse geklaut worden. Dieses löst eine Selbstjustizgeschichte aus, denn er will die Dinge wiederbeschaffen. Die führt ihn in eine kunstfeindliche Gegend von Wohnblocks und bildet einen weiteren Strang der Erzählung mit diversen Komplikationen und Möglichkeiten zu zeigen, wie wenig er als Charakter in das Menschenbild passt, das „The Square“ propagiert.

Ein durchgehendes Topos ist ferner das Thema Bettler und Bettelei, mal Kunst, mal Realität. Das Symbol des Quadrates wird später noch ironisch gespiegelt bei einem Auftritt seines Töchterchens mit einer Mädchen-Akrobatik-Gruppe.

Die Inszenierungsmethode von Östlund scheint die zu sein, möglichst lange Szenen am Stück improvisatorisch durchspielen zu lassen mit seinem prima ausgesuchten Ensemble, was der Angelegenheit einen Touch erhöhter Glaubwürdigkeit mit real-time-Effekt verleiht.

Zu einer Gratwanderung der besonderen Art für die von der Kunst propagierte Menschlichkeit kann eine Podiumsdiskussion werden, wenn im Publikum ein Tourette-Patient ist, der ständig dazwischen ruft, die Moderatorin solle ihre Bobbles zeigen oder ‚fuck‘ und dergleichen.

Musikalisch unterlegt Östlund sein Movie mit Dauerbrennern von Klassikern bei Straßenmusikanten und lässt einen Scatter dazu locker ironisch improvisieren oder er verzerrt eine Originalgeräuschkulisse technisch.

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