Gegen das Asthma: prickelnde Mischung aus Berliner Schnauze und Südtiroler Bergluft.
Amelie (Mia Kasalo) leidet unter Asthma. Sie lebt in Berlin, Großstadt, viele Dieselfahrzeuge – dies ist mehr die Assoziation des Zeitungslesers; im Film wird die Frage nicht gestellt, woher das Asthma kommt.
Dieser Film ist die Verarbeitung einer persönlichen Geschichte, jene der Autorin Natja Brunckhorst mit ihrer eigenen Tochter. Am Drehbuch hat außerdem Jytte-Merle Böhmsen mitgearbeitet, die Regie besorgte Tobias Wiemann.
So wird denn die Exposition eher kursorisch abgehandelt. Es beginnt im Berlin. Amelie wird vorgestellt, bald schon muss sie zum Inhalationsgerät greifen. Es sieht so aus, als gehe es um einen Themenfilm, gar um einen Lehrfilm über den Umgang mit Asthma. Es folgen auch diverse Informationen dazu.
Nebenbei ist zu sehen, dass die Mutter von Amelie (Susanne Bormann) als Schaufensterdekorateurin arbeitet. Die Eltern sind getrennt, Amelie wechselt die Elternteile alle paar Tage, Mutter, Vater (Denis Moschitto).
Das Asthma verschlimmert sich. Es muss ernsthaft behandelt werden. Ein Aufenthalt in den Bergen Südtirols wird ärztlicherseits empfohlen. Auch hier gibt es Einblicke in Asthma-Therapien, teils recht amüsant.
In der Bergfreiheit Südtirols wandelt sich der Film sanft zur AlpenRomCom. Denn Amelie, die harte Nuss, begegnet Bart (Samuel Girardi), ein heutiger, junger Luis Trenker vielleicht, aufgestellt, frisch, klaren Kopfes und kernig hübsch dazu.
Die beiden sind ein wunderbares Gegensatzpaar, das widerborstige, eigenwillige, kränkelnde Berliner Stadtgeschöpf und der Südtiroler Bauernbub mit dem Berglertemperament, der von sich behauptet, Herdenmanager zu sein (auch zu diesem ‚Management‘ gibt es ein kurzes Insert, wie moderne Landwirtschaft vom Computer aus gesteuert wird – hierzu gibt der ebenfalls heute startende Film Das System Milch detaillierte Einblicke, und auch das Tirol spielt dabei eine Rolle).
Die erste Begegnung der beiden passiert im Kuhstall und bringt die moderne Landwirtschaft durcheinander, Aufruhr im Kuhstall als Symbol für den Aufruhr der Gefühle; der wird aber streng kanalsiert mittels knapper, gut gearbeiteter Dialoge.
Wobei ich ab und an den Verdacht hatte, dass der Regisseur gelegentlich mit der Peitsche den Sprechern Druck machte, damit ja keine Lahmheit aufkomme, auch bei den anderen Darstellern.
Der lange Aufstieg auf einen Berggipfel der Ausreißerin Amelie und des Herdenmanagers Bart ist das, was bleiben dürfte von diesem Film; eine knorrige Gefährtenschaft. Es schlägt der Blitz in unmittelbarer Nähe in einen Baum ein oder die beiden bauen sich aus Ästen ein Nachtlager und liegen dialogisierend nebeneinander, einprägsame Bilder.
Das Asthma verliert sich dabei etwas aus dem Film. Derweil sorgen sich weiter unten im Tal im Sanatorium die Ärzte, Pflegekräfte, Betreuer wie Matthias (Jerry Hoffmann) oder Frau Dr. Murtsakis (Jasmin Tabatabai, die sich nicht zu schön ist, diesen ansprechenden Film mit einer Charge zu adeln) um das Kind.
Die Geschichte wird nicht bierernst, tv-realistisch erzählt, sondern in einer Art ‚mutual understanding‘ mit dem Publikum, das primär unterhalten und weniger über Asthma aufgeklärt werden wolle.
Bei der Musik greift mir der Regisseur allerdings zu tief in die Tasten, überhöht oder unterstreicht die Handlung massiv, was bei der sympathischen Geschichte nicht nötig wäre. Und den Trick, mit einer Geschichte überraschend zum Ende zu kommen, das ist eine Kunst, die er und mit ihm die Autorinnen noch lernen müssen.