Die beste aller Welten

Verblüffender Einblick in eine nicht comme-il-faut Jugend.

Die Österreicher machen die besseren Filme als die Deutschen. Jetzt beweist es Adrian Goiginger, der seine eigene Jugendzeit in Salzburg zu Zeiten, als in Österreich noch der Schilling die Landeswährung war, intensiv, beeindruckend und mit einem trefflichen Cast glaubwürdig schildert.

Der Film fängt an mit einem sorglosen 7-jährigen Buben an einem Bergfluss, felsig, von Wald umrandet, stromschnell. Der Bub findet eine Eisenspitze wie für einen Speer. Damit ist seine Traumwelt angespitzt, die Welt der Dämonen, die er bewundert und fürchtet, Ronan der Barbar, aber auch die Welt der Abenteuer, ein Abenteurer möchte er werden – das sind Vorstellungen, die ihn tragen.

Der fröhliche Schein trügt. Adrian (ein großartiger Kindercast: Jeremy Miliker), wächst mit seiner drogenabhängigen Mutter Helga (eine beeindruckende Verena Altenberger) in einer Sozialwohnung auf. Unordnung wie man es sich vorstellt.

Wenn der Sozialarbeiter Huetter (mit Michael Fuith ein weiterer punktgenau passender Cast) auftaucht – angemeldet unangemeldet – dann ist Alarm im Haus, dann muss aufgeräumt und verräterische Gegenstände müssen schnell weggeräumt werden.

Dann sind wieder richtige Drogenparties mit mehreren abgefuckten Typen (auch alles spitzenmäßig besetzt und gespielt); Heroin wird gespritzt oder die Mutter bereitet aus Mohnsamen einen anrüchigen Saft. Für das Ritual, dem der Bub beiwohnt, wird für ihn etwas Harmloses aus einem Teebeutel gemixt.

Freund Michael (Michael Pink), der nicht immer willkommen ist, platzt über den Balkon kletternd herein, wenn der Sozialarbeiter da ist. Die Drohung liegt ständig in der Luft, den Buben Adrian in den Hort zu schicken, wenn die Mutter es nicht schafft. Denn sie hat ihren Job in einem Imbiss verloren. Dort sehen wir sie einmal arbeiten; Adrian hilft ihr.

Überhaupt ist das diese Seite, wofür man Adrian fast wiederum beneidet, denn das Leben ist Abenteuer und die Mutter steht zu ihm, obwohl er immer wieder Zeuge von unerfreulichen Auseinandersetzungen auch mit physischer Gewalt wird.

Aber Adrian schreibt schon als Bub eigene Geschichten vom Dämon, scheint die Dinge wach zu verarbeiten – und die Eindrücke sind kräftig, widersprüchlich.

Der Film nimmt eine gute Wendung. Ein früherer Junkie, der dank einer kirchlichen Institution clean geworden ist, möchte seine Freunde von früher überzeugen, auch auszusteigen, den Entzug zu wagen. Bis die Mutter das will, bedarf es vorher allerdings noch dramatisch-dramaturgischer Steigerung, wie sie nötig sind, damit das gute Ende glaubhaft wird.

Schöner Spruch über die Behörden: Die san arm genug, weil sie keine Seele haben.

Fasziniert von der Geschichte, ja richtiggehend angefixt, scheint die Kamera von Yoshi Heimrath und Paul Sprinz, als ob sie sich nichts entgehen lassen möchte von dem Geschehen, pirscht sie sich an dieses heran, umkreist es, möchte es aber auch nicht beeinflussen, und trägt so bei zur stimmigen Milieuschilderung aus der Randschicht.

Siehe auch den Film Schloss aus Glas, indem auch aus sogenannt asozialen Verhältnissen taugliche Menschen sich entwickeln – hier allerdings auf eher literarischer Ebene.

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