Auguste Rodin

Eine Erörterung über das Wesen der Skulptur.

Eintauchen in die Welt eines Künstlers des vorletzten Jahrhunderts, dessen Kunstwerke bis heute Geltung haben und Faszination ausüben: Auguste Rodin.

Mir scheint, der Autor und Regisseur dieses Filmes, Jacques Doillon, versucht gar nicht erst ein filmisches Biopic herzustellen, sondern er geht gleich von kunstphilosophischen Fragen aus, die selbstverständlich auch den Bildhauer Rodin (Vincent Lindon) beschäftigt haben: was macht, dass Ton (als die niedrigste der Erden, den er bevorzugt, während am anderen Ende das Gold stünde) in Figuren, diesen zu Lebendigkeit verhilft, zu Ausstrahlung?

Doillon erzählt in diesem Sinne keine Geschichte. Als Leitfaden dienen speziell zwei Kunstwerke. Das eine ist das Höllentor, ein Kirchenportal, das nach dem Kapitel Inferno aus Dantes göttlicher Komödie gestaltet werden sollte. Rodin hat sich für dieses Kapitel entschieden, weil er die Figuren hier nackt darstellen kann.

Die meisten Szenen des Filmes spielen in seinem Atelier, das mit Kerzen beleuchtet wird. Einmal steht er vor dem Portal der Kathedralde von Chartres. Das habe er studiert – und den Himmel beobachtet und die Bäume. Die Modelle, die sich für ihn ausziehen, sind gerne seine Musen.

Eine ist Camille Claudel (Izia Higelin). Sie hat selber Bildhauerambitionen. Das wird zu Friktionen führen. Es ist sowieso eine Art Ménage á Trois. Denn Rodins Frau Rose (Séverine Caneele), die ist auch noch da, macht ihm den Haushalt. Aber es gibt auch den Spruch in ihrem Zusammenhang und eine lustige Fangen- und Knutschszene, dass es mit den reifen Frauen erst recht ein Vergnügen sei.

Camille ist nicht die einzige Muse. Die Modelle bieten sich ihm ungeniert an. Sie posieren anfangs in von ihm diktieren Posen. Später lässt er sie frei improvisieren, findet das für die Kunst kreativer, bei der Entstehung einiger Blätter darf der Zuschauer Zeuge sein.

Der Auftrag für das Kirchenportal war für ihn der erste beachtliche Auftrag, eine gewaltige Anerkennung; da war er schon 40.

Die Entstehung einer anderen Skulptur geht durch den Film. Das ist die Statue von Balzac. Köstlich sind die Szenen, wie die Auftraggeber den Dichter im Morgenmantel dargestellt sehen wollen, denn nackt gebe er nicht viel her, untersetzt und dickbäuchig, wie er war (so muss denn ein Morgenmantel her und in Gips getaucht und der Skulptur umgehängt werden) – kunstgeschichtliche Anekdote.

Dazu gibt es einen faszinierenden Moment im Studio, wie er die Balzacfigur in Gips auf einem Podest stehen hat und daneben stellt Rodin eine nackte Schwangere in genau der gleichen Haltung. Zur Überprüfung der Natürlichkeit.

Doillons Film ist ein Versuch, dem Geheimnis großer Kunst auf den Grund zu gehen. So gibt es verschiedene Szenen von Kunstbetrachtung. Einmal will er den Balzac, der auf einem Podest im Garten der Villa steht, fotografieren. Bei Mondlicht sehe er besonders gut aus. Einmal betrachtet er ganz eng mit Camille bei Kerzenschein einen kleinen Akt.

Es geht um die Wahrhaftigkeit in der Kunst. Und die Relation zum Leben. Was ist die Differenz? Das interessiert Rodin – und auch Doillon. Seiner Camille stellt er ohne mit der Wimper zu zucken einen Vertrag aus genau nach ihren Wünschen und mit dem Heiratsversprechen. Solche Dinge scheinen ihn nicht zu kümmern. Aber das ist es vielleicht auch, weshalb Camille sich von ihm loslöst und nach London zieht.

Auf ihm zugetragene Vorwürfe von ihr, meint er verächtlich, ihr Bemühen wie Rodin zu arbeiten, bringe sie um ihren Verstand.

Eine Art Reenactment der Atelieratsmophäre mit vielen Gipsfiguren, aber auch Kunden und berühmte Zeitgenossen tauchen auf, Cezanne, Monet.

Wie kann Skulptur leben? Was ist die perfekte Atmosphäre? Was ist Skulptur, was macht Erde lebendig? Betrachtung der Skulptur „der Walzer“ von Camille Claudel.

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