Table 19 – Liebe ist fehl am Platz

Die Menschen tun unvorstellbare Dinge in Hotelbadewannen.

Hochzeit ist immer ein Statement und Prärogativ für Paarung. Wer auf dem Hochzeitsbankett als Paar auftritt, der erfüllt die Kriterien, der ist in, der ist salonfähig, der ist respektiert.

Wer niemanden hat, der gehört zu den vernachlässigbaren Erscheinungen, zur Komparserie, gut genug, einen Obulus zu entrichten, wie es an einer Stelle heißt, deren Abwesenheit würde aber auch nicht weiter auffallen. Es sind die Gäste vom Katzentisch.

Der hat in diesem Hochzeitsfilm von Jeffrey Blitz nach dem Drehbuch von Mark und Jay Duplass + 2 die titelgebende Nummer 19, wodurch er ganz gegen seine Definition ins Rampenlicht gerät und einen komödiantisch soziologischen Röntgenblick auf diese Randfiguren erlaubt. Dabei werden der Komödie zuliebe komplexe Differenzierungen der Figuren in den Hintergrund geschoben.

Eloise (Anna Kendrick mit dem charmant-angewiderten Finsterblick) sitzt da. Sie war bis vor kurzem mit dem Bruder der Braut, ihrer besten Freundin, liiert. Und sie ist schwanger von ihm. Sie muss auf die Zähne beißen.

Das müssen andere auch, so dass viele Gegenstände im Raum und auch die mehrstöckige Hochzeitstorte dauernd Begegnungen mit ungeschickten menschlichen Bewegungen ausgesetzt sind und zu Fall gehen.

Pikant ist, dass Eloise unwissentlich einen Fleurt mit dem Bräutigam der parallelen Hochzeitsfeier in dem Hotel anfängt.

Am Katzentisch sind ferner die Kepps, die sind immerhin verheiratet, ohne die Lüste dieser Existenzbindung noch genießen zu können, sie betreiben eine Pommesbude und fragen sich, wieso sie nicht an einen prominenteren Tisch platziert worden sind. Mr. Mann (Charles Green) sitzt hier, der vorsorglich, wenn er sich vorstellt, immer gleich hinzufügt, er sei ein erfolgreicher Geschäftsmann und wenn er etwas gefragt wird, stiert er erst mal irritiert geradeaus – eine etwas merkwürdige Umschreibung für seine aktuelle Lebenssituation und seine Vergangenheit; er ist solo, lebt in einer WG mit einem unangenehmen Zeitgenossen.

Dann ist da noch Renzo Eckberg (Tony Revolori), der mit den weit geöffneten indischen Augen und manchmal einer etwas zu direkten Sprache. Er ist mutterabhängig, steht über Handy ständig in Kontakt mit ihr und soll womöglich eine Frau kennen lernen.

Nicht zu vergessen die alte Nanny der Braut (June Squibb), die alles im Blick hat. Die Brautmutter, eine Alkoholikerin, die erkennt sie nicht mal mehr. Aber sie macht aus allem das Beste.

Irgendwann verdrückt sich die 19er Truppe aus dem Bankettsaal, es vermisst sie eh keiner, teils unterhalten sie sich in Zweiergruppen, lernen sich kennen, schütten ihr Herz aus, geben Ratschläge oder lernen sich wieder lieben, wie die Kepps; dann landet die Bande im Zimmer der Nanny. Diese hat Joints anzubieten. Eloise checkt auch gleich, wo sie die her hat.

Ein Hochzeitsfilm der besonderen Sorte, minderheitenfreundlich, wohldurchdacht. Vom Brautpaar ist kaum mehr als ein Komparsenaufritt zu sehen. Ein Hochzeitsfilm ganz ohne die üblichen Hochzeitsbilder und dafür mit menschlichen Geschichten, die mit komödiantischen Elementen etwas überzeichnet und vereinfacht werden. Die deutsche Synchro schmiegt sich nahtlos ein. Ein subversives Votum fürs Außenseitertum.

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