Lucky Loser – Ein Sommer in der Bredouille

Wer einen Widerspruch gegen eine Wohnungskündigung wegen Eigenbedarfes erhebt und diesen nicht per Einschreiben und Rückschein abschickt, sondern dem Besitzer höchst persönlich in den Briefkasten steckt, der muss doof sein und nicht für diese Welt geschaffen. Damit fängt die Inkosequenz in der Figur von Mike (Peter Trabner) an.

Mike verliert auf diese Art zu Beginn dieses Filmes von Nico Sommer (Familienfieber, Silvi) seine Bleibe. Die Lehre für den Zuschauer kommt deutlich rüber, so etwas nie zu machen.

Im Rest des Filmes verhält sich Mike dann relativ normal und gar nicht so weltfremd. Das ist ein Bruch in der Figur von Anfang an. Aber um Figuren geht es Sommer gar nicht, wie Menschen, die einen bestimmten Charakter haben, in gewissen Situationen und Krisensituationen reagieren.

Mike ist offenbar nicht nur strohdummweltfremd, er wehrt sich auch gar nicht und lässt sich problemlos rausschmeißen. Insofern reagiert er wieder wie jeder andere Normalo, indem er einen Ersatz sucht, nach allgemeiner Vernunft.

Mike ist von der Mutter seiner Tochter seit Jahren getrennt. Diese Tochter Hannah (Emma Bading) lebt bei ihrer Mutter (Annette Frier – unglücklich, wer gerade tags zuvor einen anderen Film mit ihr gesehen hat, in welchem sie exakt das gleiche, maskenhaft germanische Muttertier spielt) mit ihrem neuen Macker, einer faden Figur.

Um Figuren geht es Sommer nicht. Er will einen Film drehen, der auch gefördert wird. So richtet er sich nach den Kriterien von Förderfunktionären. Die sind offenbar glücklich, wenn – für sie nachvollziehbar – gewisse, moralisch korrekte Themen behandelt werden wie das Verhältnis zu Deutschen mit schwarzer Hautfarbe mit Eltern aus Ghana oder der Hinweis mit erhobenem Zeigefinger, dass für Sex (vor der Mündigkeit) unbedingt Kondome benutzt werden müssen.

Diese moralisch einwandfreien und klaren Messages hat der Autor vermutlich in seine Exposés oder Treatments rot markiert. Und die Förderfunktionäre haben verstanden: hier will einer sein Publikum belehren und sie haben den Geldhahn aus dem Zwangsgebührenhaufen geöffnet. Man könnte von Zwangsgebührenabzocke sprechen.

Die Story wäre bei gründlicher Arbeit vielleicht plausibilisierbar. Ausgerechnet jetzt, wo der Vater keine Wohnung hat, will die Tochter zu ihm ziehen und das auch noch mit ihrem Freund Otto (Elvis Clausen).

Lebensgeschickter als im Umgang mit der Wohnungskündigung ist dieser Vater mit der Beschaffung von Ersatz, einem Wohnmobil, was verwahrlost orginell ausschauen soll. Hier zieht er mit der Tochter ein und bald kommt Otto hinzu.

Das konstruierte Konfliktdispositiv will nun, dass die Mutter die Tochter vermisst und sich Sorgen macht, dass sie das Wohnmobil auf dem Campingplatz in Brandenburg ausfindig macht und dass dort ihr Ex-Gatte mitten zwischen Tochter und schwarzem Otto eng aneinander liegen, wo die Mutter doch auf gar keinen Fall von dieser Liaison erfahren dürfte. Aber da hat den Filmemacher seine Courage verlassen: das wäre vielleicht ein Schreier im Kino, wenn die Mutter den Wohnwagen öffnet und reinschaut, dann könnte knallige Komödie draus werden.

Aber deutsche Komödie muss hirnig und moralisch sein. Wodurch sie gerne eher unlustig und lebensfremd wird. Hier gibt es nun statt Knaller-Situation unbeholfen verkrampfte Dauerimproversuche, um die Mutter über das Unvermeidliche hinwegzutäuschen. Immerhin sind See und Campingplatz nette Drehorte.

Die Szenen mit diesen konstruierten Menschen sind, was ein Ansatz für einen spannenden Film sein könnte, auf Konflikt hin konstruiert. Dem kommen die Darsteller beflissen nach und ein Dialog braucht nur wenige Sekunden, bis er in unnatürliches (professionell schauspielerisches) Geschrei ausartete. Wäre alles ganz schön, wenn es denn plausibel wäre. Ist es aber nicht, da die Grundlage der Plausibilität fehlt, da nämlich die Grundkonflikte der Figuren nicht mal angedacht sind.

So scheint es sich mir bei dem Projekt mehr um ein sich selbst belustigendes Abgreifen von Förder- und Zwangsgebührengeldern zu handeln, denn um einen Kinofilm, der diese Bezeichnung verdient. Auch der Musikmix drüber wirkt wie aus dem Ärmel gesaugt.

Filmförderwürdige Textstücke:
Ein Scheißhaus auf Rädern.
Wenn wir nebeneinander pinkeln, schreib ich dir.
Wie wärs mit einem Hallo, mit wem flirt ich denn, wenn sie nicht mehr hier sind – wieso kriegt er nen Kuss und ich nicht – ich bin Privatpatient.
Was ist das für ein Fest.
Das darf man nicht sagen.
Das darf man nicht sagen.
Auf was Frauen stehen …. die wollen spielen und weißt du, was Frauen am meisten mögen?
Den lachenden Verlierer.
Jetzt renn doch nicht wieder weg
(einer der förderwürdigsten Sätze überhaupt).

Angesichts des im Maisfeld umgekippten Wohnwagens dürfen die Schauspieler, die dazukommen, laut und deutlich „Scheiße“ sagen.

Dieser bemühten Impro-Schauspielerei ohne Charaktergrundlage kann ich nichts abgewinnen. Ich dürfte damit nicht allein dastehen.

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