Die Erfindung der Wahrheit – Miss Sloane

Krasse Lobbyistin.

Miss Sloane ist Lobbyistin in Washington und eine der erfolgreichsten. Sie ist ein durch und durch durchtriebenes Luder, ihren Gegnern und Konkurrenten immer einen Schritt an Information voraus und sie will nur eines: Sieg. Sie ist besessen davon. Dies, ihr Lebensmotto führt in diesem Film zu einer grotesken Situation.

Miss Sloane verlässt ihre Firma, um bei der Konkurrenz Wyatt & Steel anzuheuern, um für ein Gesetz zu lobbyieren, das eine Erschwerung des Waffenerwerbes in den USA durchsetzen soll.

Begründung für das Gesetz sind die sich häufenden Amokläufe an Schulen mit vielen Toten.

Hierbei vermengen sich undurchdringlich Ethik und Ehrgeiz. Das macht die Sache knifflig. Miss Sloane benutzt nämlich genau die Methoden zur Durchsetzung ihres Zieles, die die verrufenen Politiker (our system is rotten), die deshalb als Ratten bezeichnet werden, zur Erreichung ihrer politischen Ziele anwenden: Korruption, Geschenke, Reisen, illegales Abhören, Einschleusen von Spionen, Erpressung und auch den gezielten Einsatz von Opfern (jeder ist eine Ressource) beispielsweise eines Amoklaufes an der Bloomington High School 98; Methoden die in diesem Film von John Madden (The Best Exotic Marigold Hotel und The Best Exotic Marigold Hotel 2) nach dem Buch von Jonathan Perera ausgiebig und lebensnah vorgestellt werden.

Am unglaublichsten wirkt eine echte, fernzusteuernde Kakerlake, die Ton- und Videoaufnahmen machen und senden kann und die ganz unauffällig in geschlossene Räume hineingesteuert werden kann. Und genau von so einer wird eine Szene eingefangen, die den Höhepunkt des Rahmen gebenden Senats-Hearings unter dem Vorsitz von Senator Sperling (John Lithgow) bilden wird; überraschend selbstverständlich, denn das ist das Prinzip von Miss Sloan, die Züge der Gegner vorauszusehen und dann den schlagenden Trumpf aus dem Ärmel zaubern.

Der eine Storyfaden ist der Weg des Ehrgeizes von Miss Sloan – Jessica Chastain spielt diese eindrücklich, undurchdringlich und gestresst. Das Gesetz mit allen Mitteln durchzubringen. Das ist die Geschichte, die als Rückblende in das Senatshearing eingeflochten wird.

Madden und Perera haben ein überdichtes Gemälde im Sinne filmischen Realismus‘ und Glaubwürdigkeit in irrem Tempo hergestelllt. Pausenlos wird geredet, alles muss ausdiskutiert werden. Mich bringt das an den Rand der Überforderung, um all die Interessengruppierungen und dann wieder das dazwischen geschnittene Hearing sortieren zu können, vor allem erschwert es mir den Zugang zur Hauptfigur, deren Ehrgeiz doch etwas eindimensional wirkt und der erst im Nachhinein aufgedröselt wird, und mit welchen Tricks sie arbeitet.

Der Film ist tendenziell eher in der Art heiß verkaufter News gebaut, denn in einer analytischen, analysierenden Erzählhaltung, die der Hauptfigur auf den Zahn fühlt. Das schafft nicht mal der Richter. So schau ich denn einer vom Ehrgeiz zerfressenen Frau zu, die zufälligerweise ethisch gut lobbyiiert, dies aber nicht ethisch motiviert betreibt.

Wobei der Film so immerhin das Thema Waffengesetzgebung in den USA ventiliert und die Begründung für und wider vorträgt. Aber es entsteht nicht ein ganz so fesselndes Portrait wie beim ebenso skrupellosen The Founder, bei dem jegliche Zweischneidigkeit in der Motivation entfällt.

Der Film gibt einen glaubwürdigen, erschreckenden und sicher ordentlich recherchierten Einblick in die Methoden professioneller Lobbyarbeit in Washington und wie die Lobbyisten massiv die Politiker angehen. Der Film stellt einen komplizierten, politischen Gesamtzusammenhang bildnerisch-szenisch plausibel dar.

Zitat zum Waffenbesitz: Gott erschuf die Menschen – Samuel Colt machte sie gleich (made them equal).

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