Das ist Liebe: die Auserkorene mit geschlossenen Augen am Kuss erkennen. Und wenn das in einem Heiß-Wassersee in Island passiert, dann hat dieser letzte Film von Solveig Anspach, sie ist beim Schneiden des Filmes 55-jährig gestorben, sein Ziel erreicht. Umso kostbarer wird diese filmische Miniatur der Liebe zwischen Samir (Samir Guesmi) und Agathe (Florence Loiret Caille), die in wie leicht verlangsamten Szenen im Sinne eines filmischen Slow-Foods erzählt werden.
Wobei der Charakter von Guesemi eine eigene Komikerqualität entwickelt, das retardierende Reagieren, nie kommt etwas bei ihm aus der Kanone geschossen, immer braucht es einen langen Weg von den großen Augen und dem Wirklichkeit aufsaugenden, leicht geöffneten Mund mit den wunderbaren zwei Schaufelzähnen. Irgendwie lebt er fern der alltäglichen Kleinkariertheit, der Besitzstandsverteidigung, der Vorteilshascherei und dem Rechthabenwollen.
Samir stolpert mit untrüglichem Instinkt in die Situationen hinein und weiß nicht wie ihm geschieht. Er verliebt sich schnell in Agathe, die als Schwimmlehrerin arbeitet, auf sie ist er scharf und fixiert wie ein Tier auf seine Beute und ist der Ansicht, dass sie ihm gehören müsse.
Auf dem Weg dahin beobachtet Anspach liebevoll Lebenseigentümlichkeiten um den Schwimmbetrieb im Stade Nautique Maurice Thorez in der Stadt Monteuil, bietet eine feine Sammlung von Ausschnittszenen und Raum für sprudelnde Unterwassseraufnahmen.
Wie Samir, der behauptet Nichtschwimmer zu sein und sich so in den Schwimmunterricht seiner Angehimmelten reinschleicht, anlässlich eines Notfalles, der eine eigene kleine Schwimmbad- und Menschenstory um den Schwimmbadangestellten Reboute (Philippe Rebbot) in Gang setzt, sich als Rettungsschwimmer mit kühnem Sprung vom hohen Sprungbrett outet, das eben Liebesnestqualitäten entwickelt hat, ist Agathe entsetzt, dass er sie angelogen hat und will von ihm nichts mehr wissen.
Ein Kongress in Island schafft die nötige Distanz. Doch schon ist Samir in Island und bietet als vorgeblich israelischer Abgeordneter eine weitere perfekte und subtile Komikernummer, wie er plötzlich vor der internationalen Versammlung sprechen soll.
In Island wird das Personal auf der Leinwand aufgemischt mit konkret greifbaren Schauspielerfiguren: Anna (Didda Jonsdöttir), Frosti (Frosti Runolfsson) und Siggi (Ingvar Eggert Sigurosson), die nebst den fremdenverkehrswerbestauglichen Landschaftsaufnahmen den Film auf dem Weg zur Zielgerade kräftig und deftig würzen.
Anklang zum einen zur Malerei wie auf Bauernschränken oder bestickten Decken: so wirkt das Leben aus der Musseperspektive betrachtet. Den Frauen gefällt an Samir sein auf und ab sich bewegender Adampsapfel und sein Hüftschwung oder der Regisseurin gefällt, wie er beim Verlassen des Flughafens seinen Rucksack zurechtruckelt bei den ersten Schritten. Es muss alles sitzen, das kommt nicht von selbst.