Nichts zu verschenken

Der französische Theaterautor Moliére hat mehrere Stücke geschrieben, die menschliche Charaktereigenschaften zum Thema haben: Der eingebildete Kranke (Hypochondertum), Tartuffe (Schmeichelei), der Menschenfeind (Misanthropie) oder Der Geizige (Geiz); es sind dies Komödien, die noch heute fest auf dem Spielplan der Comédie Francaise stehen, sie sind französisches Kulturgut und Theaterklassiker par excellence.

Vor diesem Hintergrund dürfte Olivier Dazat die Idee zum Drehbuch von Nicolas Cuche, Laurent Turner und Fred Cavayé, der auch die Regie führte (Mea Culpa – Im Auge des Verbrechens, 72 Stunden), gehabt haben. Hier geht es um das Thema des Geizigen.
Die Hauptrollen bei Molière sind großartige Theaterrollen, Schauspielerrollen. Die Figuren malträtieren sich und ihre Umgebung mit ihren jeweiligen Eigenschaften.

Dany Boon ist Francois Gautier, eine Erste Geige in einem Orchester und ein Geizhals der Sonderklasse. Wobei er später auch sagen wird, dass er nicht genau weiß, wieso, dass er halt immer schon so gewesen ist und sein Vater ebenso.

Viele seiner manischen Aktivitäten, um ja kein Geld auszugeben, dürften dem einen oder anderen Zuschauer durchaus vertraut vorkommen. Wie er kein Licht unnötig brennen lässt. Das mag noch angehen. Extremer ist das Haushaltsbudget, was er sich gönnt. Wöchentlich lässt er sich von seinem Banker 5 x 10 Euro in je einem Kuvert auszahlen, um ja nicht mehr auszugeben.

Francois kauft nur Sonderangebote, abgelaufene Ware. Diese Eigenschaft dürfte bei einem Kondom der Grund gewesen sein, weshalb eines Tages eine attraktive junge Frau, Noémie Schmidt als Laura, vor seiner Tür steht und sich als seine Tochter zu erkennen gibt. Man sieht Danny Boon förmlich an, wie sein Gehirn anfängt zu rattern, was da an Kosten auf ihn zukomme.

Sein Geiz hat groteske Folgen, wenn er sich die Schuhe eines Kollegen borgt, um seine eigenen zu schonen, diese aber einige Nummern zu klein sind und wie er dann und auch noch zu spät, vor versammeltem, wartendem Publikum sich auf seinen Platz neben dem Dirigenten begibt.

Bedrängt wird er von allen Seiten, denn sein Geiz bleibt nicht verborgen, welche Vertuschungstricks er auch immer anwendet, vor den Nachbarn, den Kollegen, der Eigentümerversammlung der Wohnsiedlung, vor einer jungen Kollegin, Laurence Arné als Cellistin Valéry („Die Frau ist allergisch auf alles, was preiswert ist“).

Je mehr sich Francois bedrängt sieht, desto panischer und absurder (und für den Zuschauer unterhaltsamer) werden seine Reaktionen. Bis zu dem Moment, in welchem seine Tochter anfängt, Gerüchte über seine immense Wohltätigkeit bei mexikanischen Waisenkindern zu streuen.

Die Menschen sind wankelmütig und leicht beeinflussbar durch Informationen oder Fakeinformationen, wer kann schon unterscheiden. Allerdings treibt die Wohltäterpose unseren Geizhals noch mehr in die Enge. Um ihn da wieder rauskommen zu lassen, hat die Geschichte noch einen weiteren Pfeil im Köcher.

Dany Boon spielt diesen Geizhals großartig und überzeugend; mit höchstem Misstrauen begegnet er jedem Menschen, der sich traut, ihn anzusprechen, aus purer Angst, er könne an sein Geld wollen. Da verhält er sich wie die Reichen, von denen behauptet wird, ihr einziges Tun und Streben bestehte darin, den Reichtum zu mehren. Eine Katastrophe, wenn er weniger wird. Die deusche Synchro ist im Zusammenhang mit diesen Preisreflektionen durchaus angemessen.

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