The Boss Baby

Erster Eindruck: einer der abstrusesten Kinder-Animationsfilme, der anfangs zu verstehen gibt, dass er ein Rechenschieberfilm sein möchte im Sinne einer statistischen Erfassung der Aufmerksamkeitseinheiten, die auf ein Kind abfallen; ganz spät im Film stellt sich jedoch heraus, dass die Macher Michael McCullers als Drehbuchautor nach dem Buch von Marla Frazee in der Regie von Tom McGrath (Die Pinguine aus Madagascar) wohl außer der typisch industriellen Animations-Fantasiearbeit nach dem Motto alle 30 Sekunden ein Gag und hoffentlich ein Lacher doch noch eine ernste Absicht mit dem Film zu bezwecken scheinen.

Es gibt Bücher und Filme, die auf Schwangerschaft und Geburt vorbereiten. Hier scheint es sich um einen Vorbereitungsfilm (Schulungsfilm) für Einzelkinder in Erwartung eines Geschwisterchens zu handeln. Das Kind muss das Teilen lernen. Und soll das schon vor der Geburt des Brüderchens oder Schwesterchens begreifen.

Das dürfte allerdings den Kreis der Interessenten merklich einschränken, denn weitaus häufiger trifft, nach meiner Schätzung, das zweite Geschwister innerhalb einer Zeitspanne ein, in der das Ältere noch zu jung für das Kino und erst recht für so einen Film wäre.

Vielleicht ist das den Autoren bewusst gewesen. So haben sie sich etwas ganz Besonders für unser fantasievolles Kind Tim, das in Dschungel-, Wildwest- und Seeräuberwelten sich hineinträumt, ausgedacht. Sie schicken ihm in seinen Träumen das Boss Baby.

Das Boss Baby kommt nicht vom Storch, es steigt aus einer Limousine, ist noch im Babyalter, trägt, Windeln, Anzug und Aktentasche und bald stellt sich heraus, dass es bereits sprechen und sogar spionieren kann.

So werden dem Film Elemente aus dem Geschäftsleben beigemischt, damit die erwachsenen Begleiter der Kinder auch etwas davon haben. Tims Eltern arbeiten im Marketing.

Das Baby selbst stammt aus einer Babyfabrik. Hier werden, dabei dürfen sich die Animations-Zeichner am Bau automatischer Fabrikationsanlagen austoben, Babies am Fließband produziert, die meisten mit dem Ziel Familie.

Diese Babies sind ein übers andere Mal auf die Leinwand gebracht für erwartbare Mama- und Tanteninstinktreaktionen, „so süß“, „so niedlich“. Allerdings steht den Babies eine Konkurrenz ins Haus, Entwicklung und Züchtung eines Hundes, der ewig ein Baby bleibt, just aus den Gründen eines perennierenden Niedlichkeitseffektes. Das muss verhindert werden.

Deshalb werden das Boss-Baby und das Einzelkind zusammen Abenteuer bestehen, eine wilde Verfolgungsjagd durch das Lady-Mann-Kindermädchen erleben und pausenlos Effekte um der Effekte willen bedienen.

In der wenig charmanten deutschen Nachsynchronisation wird der Baby-Boss von einer routinierten und wenig interessierten tiefen Männerstimme gesprochen; man glaubt sie aus x öden Werbesendungen zu kennen.

Es gibt auf der deutschen Tonspur original amerikanische Einspieler, das Beatles-Lied „Blackbird Singing in the Dead of Night“, wobei mir der Zusammenhang zwischen diesem poetischen Lied und dem robusten Restfilm schleierhaft bleibt. Auch die Notwendigkeit von 3D erschließt sich mir keineswegs.

An der oberen Bandbreite dieser industriellen Fantasiewelt mit dem Dauerbeschuss mit nicht personalisierten Gags steht der Begriff „Chief-Executive-Officer-Säugling“ – andererseits offenbart gerade dieser Begriff jeglichen Mangel an Spontankreativität.

Literarischer Höhepunkt der deutschen Synchronisation: Furz Pups Kaka. Irgendwie anstrengend. Was sollen wir von einer Welt denken, in der Säuglinge bereits ein Siegerdenken entwickeln, die Sätze von sich geben wie „Wir haben es geschafft“?

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