Madame Christine und ihre unerwarteten Gäste

Die Wohnhäuser in Paris mit ihren hundertjahrealten, riesigen Wohnungen geben in letzter Zeit Anlass für diverse Wohn-Komödien, speziell angesichts der immer drastischer werdenden Wohnungsnot, aber auch angesichts der teils immer noch herrschaftlichen Struktur, die in solchen Wohnblocks herrscht. Sozialstruktur: Portiers und die Herrschaften.

Hier ist das zentrale Objekt, das man nie als Ganzes zu sehen bekommt, auch so ein Haus. Der Besitzer Pierre Dubreuil (Didier Bourdon) und ein Bauherr dazu, wohnt mit Ehefrau Christine (Karin Viard) und einem Kind, einer erwachsenen Tochter Francoise (Michèle Moretti), darin.

Die Portierin (Josiane Balasko) haust unten mit einer ausgestopften Katze, eine Frau, die es nicht darauf anlegt, Sympathie zu gewinnen bei ihrem Gegenüber. Die trotzig in den Apfel ihres Schicksals beißt und an dieser Einstellung auch jeden teilhaben lässt.

Die Ehe des Hausbesitzerpaares ist erkaltet. Die Frau sieht im Fernsehen Sendungen, in denen es darum geht, die Liebe in einer Ehe wieder in Gang zu bringen. Aber der Mann schläft am liebsten in einem warmen Zimmer mit leicht geöffnetem Fenster und deshalb braucht er eine Decke, auch wenn seine Frau ihm zu erklären versucht, dass Sex für die Gesundheit gut sei. Ihre etwas dick gewordene Tochter ist auch eine, die nicht um Sympathie buhlt; sie hockt in ihrer Bude und spielt Flöte in einer Art von unkontrolliertem Trotz.

Es gibt im Haus unterm Dach noch das alte jüdische Ehepaar (Anémone und Jackie Berroyer), auch gut für einige Bemerkungen. Und dann ist da noch der einsame Michel. Auf der Etage gegenüber dem Hausbesitzer wohnt das linke Ehepaar. Sie unterrichtet und malt, er ist Autor, sie haben ein kleines Kind. Sie marschieren bei einer Demo für mehr Wohnraum mit.

Es ist Winter, katastrophale Kälte. Die Politik greift in den Wohnungsmarkt ein. Sie lässt ermitteln, wer über wieviel Wohnraum verfügt. Es gibt Zwangseinquartierungen und nur wer schlau zu sein glaubt, wie der Hausbesizter, der schnell noch seine Mutter aus dem Heim zurückholt und plötzlich Mitleid mit Philiomena (Firmine Richard), der Putze hat, und sie hier wohnen lässt, der hofft zu vermeiden, dass Unbekannte bei ihm einziehen.

Von der burschikosen Machart her erinnert dieser Film an Nur eine Stunde Ruhe; die Idee ist hektischer als das Leben und die Realisierung des Filmes.

Allmählich füllt sich das Haus, es wird immer unordentlicher und gleichzeitig menschlicher. Das jüdische Ehepaar zieht in ein kleineres Appartment in Sichtweite auf der anderen Straßenseite und beobachtet die Vorgänge in seinem ehemaligen Heim mit dem Feldstecher.

Bei Hausbesitzers zieht Madeleine (Sandra Zidani) ein, auch sie eine markante Frau, die in keiner Weise das Weibchen sondern den Pragmatismus raushängt. Es wird immer tumultöser in dem Haus. Man rückt zusammen. Und da Hausbsitzers Ehe nicht besser wird, schläft der Gatte plötzlich unterm Esstisch, mit einem Tuch drübergehängt als Sichtschutz so wie Kinder eine Hütte bauen – und Madeleine findet auch noch Platz.

Immer heißer geht es zu und her in dem Haus. Bis zur Inschrift, dass es sich um ein geteiltes Haus handle (immeuble partagé); in dem Sinne, dass die Leute es sich teilen; halb Mali ist inzwischen in eine Wohnung eingezogen. Man liegt und schläft dicht an dicht auf dem Boden.

Irgendwann ist Sommer und der Film plötzlich aus. Den großen Auftritt hat die Hausmeisterin, wie Dutzende von Leuten in dem Haus wohnen und sie die Post verteilt, ein gewaltiger Packen. Das erzählt uns dieser Film holterdiepolter grobgestrickt und grobgestrickt ist auch die deutsche Synchro.

Aber wenns eng wird mit dem Wohnraum, müssen Konzessionen gemacht werden, selbst vom Besitzer Monsieur Dubreuil. Mietshausfilm aus dem 16. Bezirk. Eine Farce oder einer Groteske über den Wohnwahnsinn und wie er ins Kraut schießt.

Madeleine ist weder arbeitslos noch was, sie mogelt sich nach eigenen Angaben durch. Sie wird ein Happy End haben. Und wer von so einem Zusammenrücken nichts hat, der ist selber schuld, das würde sogar unser Autor beweisen können, denn auch seine Schreibmimose scheint trotz dichter Belegung seiner Wohnung mit Halb-Mali verschwunden; die Inspiration, sie hat Einzug gehalten. Denn, was ist schon normal. Ein Film gegen die Kompliziertheit ausladenden Lebens.

Kleiner Trick, um eine Wohnungstür, die man hinter sich zugehauen hat, wieder aufkriegt: mit Röntgenaufnahmen!

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