Die irre Heldentour des Billy Lynn

Ein patriotischer Film im Sinne der Patriotismuskritik oder eines Striptease der kranken, amerikanischen Kriegsheldenverehrung. Ang Lee (Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger) hat ein Drehbuch von Jean-Christophe Castelli nach dem Roman von Ben Fountain verfilmt.

Der Film spielt praktisch an einem Tag in Dallas, Texas, im Jahre 2004. Er begleitet eine Gruppe Irakkriegs-Soldaten, die zu einem Halbzeitaufenthalt in die USA zurückggekehrt sind, zu einer großen Festivität im Football-Stadion.

Dieser Raum wird lediglich verlassen für Rückblenden aus dem Irakkrieg und zur Heldentat oder für Bilder vom Zuhause des Protagonisten Billy (Joe Alwyn) und die zwei Tage vor der Feierlichkeit.

Speziell Billy soll als Kriegsheld gefeiert werden. Wobei er sich fragt, wieso ausgerechnet der schrecklichste Tag in seinem Leben für so etwas herhalten muss.

Ang Lee inszeniert die Jungs der Gruppe Bravo kraftvoll bis in die Artikulation der Sprache hinein, was ihnen zu beachtlicher Leinwandpräsenz verhilft.

Dime (Garrett Hedlung) ist der Seargant, der seine Gruppe zusammenhält. Billy ist an diesem Tag nicht nur den Eindrücken der Festivität, des vollen Stadions, eines Footballspieles, der Fahrt im Stretchhummer, den Cheerleaders und den Avancen eines Gschaftlers, der einen Film über die Heldentat produzieren will, ausgesetzt, er leidet zudem unter posttraumatischen Störungen vom Kriegsfeld. Und von seiner Schwester Kathryn (Kristen Stewart) wird er bearbeitet, sich krank schreiben zu lassen, um nicht mehr in den sinnlosen Krieg zurückkehren zu müssen.

Für so ein Fest fahren die Amis allerlei Geschütz auf, das Feuerwerk kann es mit den Kriegseindrücken aufnehmen.

Ang Lee inszeniert hochkonzentriert und schafft es, den Eindruck eines prallvollen Stadions zu erwecken und auch die Macht der Zeremonie zum Ausdruck zu bringen, eine geradezu gespenstische Show wird es.

Aber es ist doch eine inneramerikanische Angelegenheit, die hier abgehandelt wird, eine patriotische ohne jeden Schleim des Patriotismus, im Gegenteil, die diesen ausgezeichnet seziert, die zeigt, wie an der innenpolitischen Front Helden produziert und instrumentalisiert werden.

Auch das Football-Spiel im Film hat es in Europa eher schwer.

Joe Alwyn ist ein junger Schauspieler, dem man gerne zuschaut, der die Traumrolle wunderbar ausfüllt; diese Unsicherheit, welchen Wünschen er nachgeben soll, dem Ratschlag, etwas zu finden, was größer als er selbst sei, dem Liebeswerben des Majorettenmädchens Faison (Makenzie Leigh), dem Anspruch seines Sergeants, die Truppe nicht zu verlassen, Freiheit als Verantwortung zu verstehen, dem Werben des Filmproduzenten oder dem Drängen seiner Schwester, die schon einen Termin mit dem Arzt ausgemacht hat.

Nach Sully von Clint Eastwood und Deep Water Horizon, die sich dem Thema des zivilien, amerikanischen Helden widmen, ist das ein weiteres Heldenmovie, diesmal aus dem Kriegsbereich. Wobei für uns der Irakkrieg nie so nahe war, wegen Nichtbeteiligung im Sinne stiller Duldung, und uns jetzt die Entwicklung in Syrien und auch in der Türkei bedeutend näher auf die Pelle rückt.

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