Marie Curie

Aus der Lebensphase zwischen den beiden Nobelpreisen für Marie Curie bastelt Marie Noelle, die mit Andrea Stoll auch das Drehbuch geschrieben hat, eine Assemblage aus verschwiemelten entweder extrem lichtüberfluteteten oder extrem unterbelichteten Nähkästchenbildern und nacherfundenen Szenen als bedingungsloses Verehrungsmovie. Curie, die Entdeckerin von Element 88, ist eine der wenigen Frauen, die auf zwei unterschiedlichen Gebieten je einen Nobelpreis erhalten hat.

Die Darstellerin der Marie Curie, Karolina Gruszka, ist sehr gut nach der Curie gestylt, bekommt vom Drehbuch her allerdings wenig schauspielerisches Futter. Sie illustriert umstandslos, was immer sie nach Regie und Drehbuch illustrieren muss: Forscheraktivität im Labor, Familienglück nach der Geburt des zweiten Kindes, sie zelebriert ausgiebig die trauernde Witwe nach dem Tod ihres Mannes Pierre, sie bewegt sich sicher vor der Kamera von Michal Englert, die offenbar den inneren Aufruhr der Regisseurin bezüglich dieses Filmes wiedergibt, den sie wohl als eine Herzens- und Gefühlsangelegenheit behandelt.

Gruszka spielt cool die gefühlsdusselige Liebesgeschichte zu Paul, Arieh Worthalter, sie erleidet das Papparazzitum und die Demütigungen als Frau durch verknöcherte Wissenschaftler, die ihr solche Forschungen und Ergebnisse nicht zutrauen, sie muss mit der Rivalität von Jeanne, Marie Dernaraud, die ihr den Mann abspenstig macht, groschenromanhaft leben.

Der Film zeigt deutlich die Nachteile der damals wenig fortgeschrittenen Emanzipation der Frau. Aber er kann keine Empathie für Madame Curie wecken, weil das Buch sich beschränkt auf Qualitäten im Stile des Plauderns aus dem Nähkästchen, allenfalls filmische Klatschspaltenneugier angereichert mit einigen Dialogen aus dem Forschungsbereich, die immerhin über den Nutzen des Radiums, Element 88, in der Tumorbehandlung aufklären.

Der Film versucht gar nicht erst, dem Zuschauer das Forschergen von Frau Curie, weshalb sie über ihr Leben hinaus eine Faszination ausübt, näher zu bringen. Er hängt stattdessen am Schluss lieber einen Schleiertanz wie im Film Die Tänzerin dran, wodurch der Eindruck, dass den Film vor allem das Schwärmerisch-Gefühlige interessiere, noch verstärkt wird.

Der Film versucht auch nicht, seine Texte plausibel oder empirisch glaubwürdig zu machen. Wenn es nach dem tödlichen Unfall mit einer Kutsche von Pierre heißt, er sei in Gedanken versunken auf die Straße gelaufen, so fragt man sich, wie ist das möglich, der hat doch bisher überhaupt nicht den Eindruck von Gedankenversunkenheit oder Weltfremdheit erweckt? Oder wenn es später von Frau Curie überraschend heißt, sie könne ja lachen, so ertappt sich der Zuschauer dabei festzustellen, dass durch ihre bisherige Darstellungsweise das Lachen doch ganz plausibel sich ergebe; dasselbe gilt auch für den Rat, sie solle sich nicht zu Tode arbeiten – sorry, das wurde uns so nicht mitgeteilt im Film.

Hier ist wieder viel öffentliches Geld in dünnen (aber berühmten!) Content geflossen; immerhin zeigt das, heute haben es Frauen deutlich leichter an Gelder zu kommen, auch wenn sie weit von der Kompetenz und der Kapazität einer Marie Curie entfernt sind.

Ein Verehrungsgesteck aus diffusen Bildern, das Frau Noelle uns zumutet.

Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers!

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