Schneider vs. Bax

Der mit dem Schilfrohr kämpft.

Schneiders (Tom Dewispelaere) Geburtstag. Er ist ein Familienvater (Frau und zwei schulpflichtige Kinder), hat einen Beruf, der etwas mit Pumpen zu tun hat, weshalb er ab und an auf Abruf tätig werden muss.

Der Film erzählt, was an diesem Geburtstag von Schneider in den Stunden zwischen Aufstehen und Geburtstagsparty passiert. Bis das Telefon klingelt, schildert dieser Film von Alex van Warmerdam (Borgman) das Leben dieser Familie, als sei es eine Tischdekoration, als betrachte er blütenweiße Stoffservietten und breite sie appetitlich vor uns aus. Sterilisierter Alltag, geruchsfrei, deodoriert, gschmackvoll arrangiert.

Das Telefon klingelt. Es ist Mertens (Gene Bervoets), ein Glatzkopf und sein Auftraggeber. Bald merken wir, dass Schneider ein Berufskiller ist. Sein Arbeitszeug bewahrt er auf in einer aufgelassenen Halle, in der ein, zwei Fahrzeuge rumstehen, Handwerktische und Gestelle, Truhen, von denen allen sich bald rausstellt, dass sie nur zur Tarnung da sind und unter doppelten Böden oder hinter falschen Regalen falsch Bärte, Ablage für den Ehering und zielfernrohrgesteuerte Schusswaffen inklusive Munition verbergen.

Die stoffserviettenhafte Berichterstattung schwenkt zwischenzeitlich zu einer traumhaften Hütte, die ganz in Weiß auf Pfählen im Schilf ruht. Hier steht in schöner Doppelung zur Aufstehszene bei Schneiders das Zielobjekt Ramon Bax (der Regisseur selber, Alex Warmerdam) auf, ein Autor, der gerade eine Geliebte aus Bett und Behausung scheucht. Denn auch er erhält einen Anruf von Mertens. Der offenbar beide als Killer gegeneinander in Bewegung setzt. Tiefere Motivsuche sinnlos.

Es geht, so kommt es mir vor, vor allem um eine ausgiebige Kamera- und Schießübung im Schilf, was schön malerisch ist. Wie die Akteure im Schilf rumschleichen. Wie sie durchs Schilf zielen. Wie sie durchs Schilf stapfen.

Es kommen weitere Akteure ins Spiel. Es wird auch Tote geben. Das ist alles nicht von Belang. Warmerdam schildert Leben ohne Belang, Leben ohne Gewissen, schildert Menschen, die ruppig miteinander umgehen und die unbeherrscht sind, die keine Gefühle für einander haben, schildert Menschen, die in jeder Lebenslage von Handys gestört werden und auch, wie falsche sms den Gang der Dinge verkomplizieren.

Warmerdam erzählt die Geschichte so, als wenn ein Filmhochschüler, dem es an Geschichten fehlt, etwas erfindet, um Bilder aus Schilf und Wasser und Wolken zu zeigen, Menschen, die durch den Sumpf waten, jetzt patschnass sind und im nächsten Moment wieder trocken und gleich darauf blutig oder tot, schildert, wie sie sich austricksen – und das alles in einem Naturschutzgebiet. Er schildert leer Leere.

Es fehlt dabei aber, um auf das Moment der Magie und der Magie im Kino zurückzukommen, die Faust, die diese Leere verdeckt (siehe die Unfassbaren 2) – Dünnflusskino – oder: eine sumpfige Angelegenheit. Im Presseheft steht: eine Gangsterkomödie. Wer das sieht, der hat mehr von diesem Film.

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