Emma hat Flügel (Vimeo on Demand)

Theo ist ein Student im ersten Semester in Hamburg, Journalismus. Er ist unterwegs in der Stadt. Es ist Sommer. Er begegnet der Portraitzeichnerin Emma. Die Sitzung auf einer Mauer am Hafen – mitten im Leben – bestreitet er mit Gesprächen über Kunst, Pornographie und Liebe.

Theos „Portrait“ ist reduziert auf einen Phallus, einige Sternchen drum herum. Damit fährt er S-Bahn. Ein Schwuler fühlt sich angesprochen, hält einen langen Monolog und bedankt sich für die nette Unterhaltung. Theo spielt Schach mit einem Freund in einem idyllischen Park. Der Freund ist stolz auf seine Muckis, die er dank zwei Tagen Arbeit auf dem Bau vorweisen zu können glaubt. Auch hier wird das Thema Liebe gestreift.

Theo sucht Emma. Emma wäscht sich im Park mit Wasser aus einer Plastikflasche. Ihr Haar fällt schön und lockig wie das der Primavera von Botticelli in den Uffizien in Florenz. Emma trifft einen alten Freund, der am Fuß einer Mauer Gitarre spielt und einen Song von der Eifel und dem Nürburgring zum Besten gibt, sie fragt ihn, ob er clean sei. Er bejaht, er habe von einer Zuhörerin die Nummer erhalten. Er sucht sie. Sie sucht ihn. Theo sucht Emma mittels Anschlagzetteln. Sie trifft ihn auf einer Brücke sitzend. Der Versuch eines Verhältnisses kann beginnen.

Lars Kokemüller spielt diesen 20-jährigen jungen Mann. Er führt auch Regie und zeichnet für das Drehbuch. Den Schauspielern scheint nicht jeder Satz vorgeschrieben, sie scheinen thematisch zu improvisieren, es entsteht eine locker-spontane Atmosphäre – wie sie solche Sommerfilme trefflich charakterisieren kann.

Kokemüller macht das einzig richtige im subventionssverseuchten, deutschen Kino: er macht, er tut, er dreht. Ihn interessiert die Story. Das wichtigste für einen Film: die Story, die Geschichte. Geschichten sind auch wichtig in seinem Film, und dass die auch für einen Wochenendeinkauf zu haben sind.

Das Kino fängt im Kopf des Machers an, hier enstehen die Geschichten und Lars Kokemüller zeigt mit seinem Film, dass ihm vieles durch den Kopf geht, was junge Menschen, die ihre ersten Schritte als Student ins Leben wagen, beschäftigen. Das erzählt sein Film wie frisch von der Leber weg. So wie die Beat-Generation es getan hat. Hier entsteht daraus ein fragendes Selfie einer intellektuell-künstlerisch veranlagten und begabten Jugend mitsamt der ewigen Frage nach der Liebe. Das muss jede Generation für sich neu stellen und neu beantworten; das kann man nicht in der Schule lernen. Wenn sie es mit dieser offenen Attitüde versucht, tut sie es spannend.

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