Afrikanische Diaspora in Ghuangzhou
Protagonistin Aya (Nina Mélo) und ihre selbstbewussten Frisuren; haushoch zu richtigen Kunstwerken getürmt. Deshalb spielen viele Szenen im Friseursalon. Da ist Aya schon in Ghuangzhou in der afrikanischen Diaspora. Sie hat sich in der Elfenbeinküste in letzter Sekunde vor der Ehe gerettet, ein Skandal. Aber sie schaut nicht zurück.
In China findet Aya Arbeit im Teeladen von Herrn Wang Cai (Han Chang). Sie ist eine helle, lernfähige Frau und reflektiert dazu, ausdrucksstark im Gesicht, aber sie betont in keiner Weise die Emanzipiertheit. Sie spürt fein, in welche Gefühlsfelder sie sich begibt, aber auch da ist sie nicht abenteuerlich, so wenig wie ihr Chef, zu dem sie ein höfliches, irgendwie auch ein tiefes Verhältnis hat. Er meint lediglich, sein Sohn Li Ben (Michael Chang) werde demnächst seinen 20. Geburtstag feiern.
Die Beziehungsverhältnisse von Herrn Wang Cai lüften sich nur allmählich. Da ist noch eine Tochter auf den Cap Verden, die er lange nicht gesehen hat. Und die Mutter von Li Ben und seine Großeltern. Das sind Informationen, die bekommt der Zuschauer in keiner Weise aufs Auge gedrückt. Die ergeben sich im Film von Abderrahmane Sissako (Timbuktu), der mit Kessen Tatoumata Tall auch das Drehbuch geschrieben hat, nach und nach bei dem wie zelebrierenden Betrachten des Lebens von Aya in der afrikanischen Diaspora in Ghuangzhou.
In Ayas direkter Umgebung findet sich ein Kofferladen, ein Juwelierladen, einen Dessousladen, der erwähnte Friseur. Gespräche geben Einblick in das Leben von Menschen in diesem kulturellen Zwischenland.
Es gibt nicht die Handlung, auf die der Film hinzielt. Er spürt behutsam und rücksichtsvoll dem Leben von Aya nach, von dem man nicht sagen könnte, es sei ein unerfülltes Leben aber man könnte auch kaum das Gegenteil behaupten; es bleibt Platz für Wünsche. Garantiert sehnt sie sich nicht zurück nach dem Leben, was sie als verheiratete Frau in Afrika erwartet hätte.
Die charakterisierende Symbolik des Filmes mag platt sein – andererseits ist sie doch nicht daneben: Aya sitzt bei einer Reihenhochzeit mit ihrem Bräutigam Toussaint (Frank Pycardhy) mit anderen Brautpaaren in einem Raum, wartet darauf, mit der Zeremonie dranzukommen. Ein Insekt stört den Bräutigam, eine Fliege vielleicht oder eine Mücke, er schlägt zu. Das tote Tier auf dem weißen Brautkleid.
Zum Thema Tee fallen selbstverständlich Philosopheme über das gepflegte Teetrinken ab. Der Film erinnert, mit seiner poetischen Ader und thematisch an einen anderen Diaspora-Film, Chinesen in Argentinien: Sleep with your Eyes open.
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Ein kraftvoller und bewegender Blick auf die afrikanische Diaspora. Aya mit ihren eindrucksvollen, kunstvoll aufgetürmten Frisuren, trägt nicht nur ihre Identität auf dem Kopf – sie trägt sie mit Stolz, Mut und einer Spur Rebellion. Dass Aya vielleicht eine Coiffeur Ausbildung durchläuft oder sich das Wissen aneignet, zeigt, wie stark Identität auch durch Können und Kreativität wächst.