Der Maler und seine Muse
Im Abspann des Filmes ist zu lesen, dass ein Großteil der um die 2000 hinterlassenen Gemälde von Pierre Bonnard seine Geliebte zeigt. Im Film selber moniert sie, dass er sie ohne Kopf male.
Der Film fängt in Paris im engen Atelier von Bonnard (Vincent Macaigne) an. Er malt, er hat eben auf der Straße eine Frau angesprochen, ob sie ihm Modell stehe. Er kennt sie nicht. Sie kennt ihn nicht. Es ist Marthe (Cécile de France). Sie zeigt sich nicht maximal kooperativ. Sie will gehen. Er begrapscht sie. Sie wehrt sich. Ihr Widerstand dauert nur wenige Momente. Und schon ist diese Liebe, die eine Liebe fürs Leben wird, in Gang gesetzt.
Martin Provost (Violette), der mit Marc Abdelnour auch das Drehbuch geschrieben hat, bleibt für die nächsten zwei Stunden in unmittelbarer Näher, letztlich der Banalität, dieser Beziehung. Er malt, sie sitzt Modell, sie lieben sich, sie schwimmen, finden ein Haus zum Mieten, sie amüsieren sich nackt ums Haus, sie erhalten Besuch von berühmten Freunden.
Aus dieser Nähe zum Maler-, Lebens- und Liebesalltag entwickelt Provost die Stärke des Filmes. Auf justiziable Info verzichtet er weitgehend; das würde auf Kosten der Atmosphäre gehen, die dicht und eindringlich ist und abgsehen davon, sind derlei Infos heute leicht im Internet zu finden. Der Kunstbetrieb, der Handel, das Vernissagengetue, die kommen nur peripher vor.
Die Beziehung zu Marthe kühlt im Laufe der Jahre ab. Das neue Modell Renée (Stacy Martin) kommt ins Spiel. Die ist fordernd. Sie versuchen es mit einer Ménage à Trois. Damit kommt Renée nicht klar. Sie will alles. Sie will den Mann für sich. Sie will, dass er sie heiratet. Aus Anlass einer Romreise mit ihm ringt sie ihm das Hochzeitsversprechen ab. Aber er kommt seelisch-künstlerisch nicht von Marthe los.
In Rom zeichnet Bonnard das Haus aus Frankreich und das erste Mal das Gesicht von Marthe. Er tritt in letzter Sekunde von der Hochzeit zurück. Da zeigt sicht, dass Renée verhaltensmäßig dumm ist, sie tobt und bringt sich in der Badewanne um. Das wird das Motiv für eine weiteres Gemälde von Bonnard sein.
Der Film dürfte durch diese Nähe zur Banalität des Alltags dieses Künstlerpaares, vorwiegend in deren Haus und in idyllischer Flusslandschaft, nachhaltig sein. Ich kann mir vorstellen, dass wenn mir künftig ein Gemälde von Bonnard begegnet, der Film sich lebhaft in die Erinnerung drängt und die Gemälde lebendiger werden lässt.