Benko, Wire-Card, Cum-Ex, „The Line“-Projekt des saudischen Killerprinzen
und weitere Konsorten könnten Wes Anderson zu dieser schrillen Farce über die Welt der Wirtschaftkriminalität inspiriert haben. Die Idee hat er mit Roman Coppola entwickelt.
Der phoenizische Plan ist das Megaprojekt des dubiosen Geschäftsmannes Zsa-zsa Korda, grandios gespielt von Benicio del Toro. Der hat bis in die Spitzen der Weltpolitik einen Ruf wie Donnerhall und soll beseitigt werden. Es gab schon jede Menge Attentate auf ihn. Er hat immer überlebt. Auch der Flug anno 1950 über den Balkan, mit dem der Film Fahrt aufnimmt, endet in einem Desaster. Korda überlebt, entkommt.
Es scheint Wes Anderson ein teuflisches Vergnügen zu bereiten, bis ins Detail die Räume seines Bühnenbildes, seine Kostüme, die Maske, die Ausstattung, das Licht, die Musik auszutüfteln, dazu den besten und klangvollsten Cast zu finden. Die Schauspielercredits wimmeln nur so von illustren Namen.
Wes Anderson inszeniert, das kennt man inzwischen, stilisiert, reduziert, das gibt den Bildern die Schärfe der Zeichnungen von Karikaturisten. Diese Reduziertheit, diese Einfachheit, auch der Verzicht auf Kameramätzchen führen zu präzisen Bildbehauptungen, zu einer unverbogenen Sicht auf die Dinge. Mit ’skurril‘ kann der Sache nicht gerecht werden.
Auch die Geschichte erweist sich als nicht nur simpel. Es ist eine Familiengeschichte, eine Clangeschichte. Korda hat zehn Jungs, einige davon adoptiert aus Gründen der kalkulierten Vielfalt, und ein Mädel. Das ist Liesl (Mia Threapleton). Die ist Novizin in einem Kloster. Ausgerechnet sie will er zur Alleinerbin machen. Die Buben, die teils prima Pfeilschützen sind, hat er im Wohnheim neben seiner Residenz untergebracht.
Das Herrschaftliche in Kordas Palazzo lässt bei Wes Andereson keinen Raum für Diskussionen wie das Interieur von Flugzeugen oder Schiffen. Man könnte seine Räume apodiktisch nennen, selbst das Badezimmer. Im Abspann bringt der Filmemacher einen Hinweis auf die Renaissance-Malerei und während eines der nicht seltenen Flüge im Film, die immer in einem Desaster enden, aber nicht für Korda, liest dieser ein Buch, dessen Titel ich allerdings nicht lesen konnte.
Der Film ist einer Reise zu Kordas diversen Projekten, die unter dem Titel seines Meisterstreiches laufen, und die alle in Finanzierungsnöten stecken; es geht darum, seine inzwischen misstrauischen Investoren zu überzeugen, dabeizubleiben. Dazu gehören Prinz Farouk (Riz Ahmed), bei diesem geht es um das Eisenbahnprojekt, Marseille Bob (Mathieu Amalric), Cousine Hilda (Scarlett Johansson) und dann noch Onkel Nubar (Benedict Cumberbatch). Alle kriegt Korda mit seinen widerlichen Methoden wieder rum. Er arbeitet mit allen Tricks und Mitteln.
Es gibt nicht im geringsten sich aufplusternde Running Gags wie denjenigen mit der Handgranate, die Korda seinen Geschäftspartnern anzubieten pflegt – anstelle der Zigarre in seinen Kreisen; es gibt den Totenschädel auf seinem stattlichen Konferenztisch, die Pfeife die er raucht und diejenige von Liesl.
Als eine wichtige Haupt- und Zwielichtfigur engagiert Korda als administrativen Sekretär seinen Hauslehrer (Truman Hanks), der eigentlich ein Insektenforscher ist und fasziniert davon, wie bei vollem Flug ein Insekt sich an einem Außenfenster des Flugzeuges festklammern kann.
Zwischen Berichte über die Treffen mit den Investoren gibt es Clips aus einem Schwarz-Weiß-Film. Der könnte ästhetisch und inhaltlich von Bunuel inspiriert sein. Dieser zelebriert die religiösen Wahnvorstellungen und Visionen der Protagonisten; Macht, Wahn und Religion.
Es ist ein Film, bei dem man nachher lauter Details, weil sie so eigen sind, so hervorstechend, so pikant, so ungewöhnlich, aufzählen möchte wie die Skizzen von Kordas GAP, der Kurs wie eine Fahrplan- oder Börsenanzeige, der rudimentäre Lügendetektor, den er Gesprächspartnern an den Finger steckt, der Schleudersitz im Flugzeug, die Auslegeordnung der Kästchen mit seinen Projekten, der Geheimdienst, der ihm auf den Fersen ist und dann hat auch noch eine Guerillatruppe ihren Auftritt.
Ein Epilog mit einer moralisch überraschenden Pointe beendet diesen streng stilisierten Report über die Weltläufigkeit von Wirtschaftskriminalität.