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Geschlechterflexibilität

Das Faszinierende an der Rolle der Burrnesha ist, dass es eine gesellschaftliche Rolleninstitution ist als solche, eine Frau, die ihre Rolle im Leben als Mann spielt, dass das eine Errungenschaft aus den entlegensten, ländlichen Gebieten Albaniens ist.

Das ist in zwei prinzipiellen Fällen eine pragmatische Lösung, wenn ein Mädchen sich schon nie als Mädchen und später als Frau fühlt, oder wenn Not am Mann ist, wenn also in der Familie kein Bub vorhanden oder wenn der ältere Bruder früh gestorben ist und die Familie männlichen Nachwuchs als Familienobehaupt braucht.

In ihrem hell und licht fotografierten Film porträtieren Kristine Nrecaj und Birthe Templin einige Beispiele dieser aussterbenden Spezies.

Überraschend und eindrücklich ist, mit welcher Selbstverständlichkeit diese Rollenwahl entschieden oder angenommen wird. Vor allem, wie so gar keine Wehleidigkeit aufkommt, die doch öfter in Transgender-Filmen zu verspüren ist, dass jemand im falschen Körper geboren wurde. Wie dieser Rollenentscheid von der Umgebung akzeptiert wird. Das mutet fortschrittlicher an als in unserer hochzivilisierten Gesellschaft. Die könnte sich das direkt als Vorbild nehmen.

Die Frauen holen sich ihre Freiheit, sie genießen sie, sie wissen darum. Sie stellen selbstverständlich ihren Mann als Busfahrer, Mechaniker oder Zöllner. sie haben auch in ihren Familien eine wichtige Funktion, je nachdem, was eben gebraucht wird, als fehlender Elternteil, als mütterliche Freundin, als Vater.

Zu dem Thema gibt es den wunderbaren Spielfilm Luanas Schwur. Faszinierend fürs Auge, für die Fantasie, diese Zwischenwelten, Frauen im Habitus von Männern, mit dem schweren Gang, zigarettenrauchend wie Männer, oft mit tiefer, rauer Stimme.

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