Doppelportrait
Zwei Außenseiterschicksale bestimmen die Dynamik dieser verführerisch gemäldehaft schön erzählten Geschichte aus einem kalibresischen Dorf kurz nach dem Zweiten Weltkrieg.
Marta (Ludovica Martino), die junge Frau mit einem fünfjährigen Buben, hat ihren schlechten Ruf weg. Ihr Freund, mit dem sie die Zukunft planen wollte, ist nicht aus dem Krieg zurückgekehrt.
Lorenzo (Marco Leonardi) wird im Dorf verächtlich Schwuchtel genannt. Er hat nach dem Tod der Haushälterin den Job beim Pfarrer übernommen. Er betätigt sich als Hochzeitsplaner.
Marta soll einen grobschlächtigen, erzreaktionären Bauern, der mit zwei Kindern verwitwet ist, heiraten. Sie sagt sofort ja. Der Pfarrer Don Antonio (Saverio Malara) gibt den angehenden Bräuten des Dorfes Hochzeitsunterricht.
Lorenz berät bei Brautkleid, Schmuck. Er sieht in Marta das, was nicht offensichtlich ist: verborgene Talente. Er führt sie ein in einen schwulen Club. So kommt der Kontakt zustande zur Stadt. Sie fängt heimlich einen Sekretärinnen-, einen Schreibmaschinenkurs an. Lorenzo fährt sie mit seinem Roller hin.
Die Mutter von Marta (Bianca Maria d‘ Amato) kommt dahinter und ihr künftiger Ehemann will schon gar nichts wissen, von einer Frau, die arbeitet. Im Dorf gilt es als Unerhörtheit, dass eine Frau das ihr zustehende Stimmrecht bei Wahlen nutzt, noch schlimmer, dass sie die kommunistische Partei wählen will.
Der Konflikt wird offen und dramatisch, die Situation spitzt sich zu, die Hochzeit soll vorgezogen werden, gleichzeitig nähert sich der Termin des Maschinenschreibwettbewerbes, bei dem schöne Jobs locken.
Marta sieht sich zwischen der Verlockung der Selbständigkeit und dem praktisch Lebendigbegrabensein bei einem Bauern, der sie bei sich einsperren will. Lorenzo wird in den Konflikt hineingezogen, denn sie ist darauf angewiesen, dass er sie zu den Kursen fährt. Er aber wiederum muss sich entscheiden zwischen der Loyalität zu seinem Arbeitgeber, der die emanzipationsfeindliche Haltung vertritt und dem emanzipatorischen Verlangen von Marta.
Es ist die Zeit, in der in Italien das Frauenstimmrecht eingeführt wird. Darüber gab es jüngst den Film Morgen ist auch noch ein Tag. Ein weiterer, wunderschöner, italienischer Emanzipationsfilm ist bereits im Kino gestartet: Prima Donna – Das Mädchen von morgen. Da tut sich was bei den Italienerinnen!