An Hour from the Middle of Nowhere

„The United States of America has the world’s largest immigration prison system.
In 2022 on average 22.630 peopa were detained at any given day.
The Stuart Detention Center in Lumpkin, Georgia, held the second largest number of ICE detainees averaging 1.076 per day.“

Abspann: „Since 2008, ten persons have died while detained at the Stewart Detention Center.“

Diese Doku von Ole Elfenkaemper und Kathrin Seward vermittelt eine interessante Bekanntschaft mit dem kurios uneitlen Anwalt Marty Rosenbluth. Der hat seine Kanzlei in der Mitte von Nichts und noch eine Meile davon entfernt. Das viktorianische Holzhäuschen schaut idyllisch aus, in dem er mit zwei Hunden, einer davon dreibeinig, einer Katze, zwei Eseln, einem Gockel und drei Hühnern, die keine Eier legen, haust. Wenn er seine Toilette macht, hört man den Hahn krähen, auch ein Käuzchen meldet sich.

Hier fallen Bilder ab, wie im schönsten amerikanischen Südstaaten-Film von grüner Natur, verlassenen Straßen, leeren Häusern, von häuslicher Arbeit und der ikonischen Veranda, von Umschwung und Gärten, die für unsereins eine Traumgröße haben.

Aber nicht die Idylle, die Ruhe führten den Anwalt hierher. Es ist sein Einsatz für Abschiebegefangene. Von seiner Geburt in Brooklyn her wäre er ein konservativer Mensch mit entsprechender Karrierre geworden.

Die Erfahrung als Student in einem amerikanischen Gefängnis haben ihn davon abgebracht. So etwas kannte er nicht, so etwas hatte er noch nie erlebt. Das muss tiefgreifende Wirkung gehabt haben. Fortan widmet er sein Leben der Gerechtigkeit. Und findet seinen Wirkort dort, wo die Ungerechtigkeit besonders schreiend ist, eben in diesem Niemandsland und noch eine Meile davon entfernt, wo der amerikanische Staat vorzugsweise privatisierte Gefängnisse hinstellt, um die herum es nichts gibt, schon gar keine engagierten Rechtsanwälte und wohin sich normalerweise keine Menschenseele verirrt. Hier kann geschaltet und gewaltet werden, ganz unbeobachtet. Es ist eine Multimillionenindustrie, die kein Interesse an der Entlassung von Gefangenen hat.

Der Film ist ein gelassenes Proträt dieses faszinierenden Menschen, der verwundert darüber scheint, dass sich überhaupt jemand für ihn interessiert. Dagegen gibt es genügend Beispiele von Aktivisten, denen ihr dadurch erzieltes Promitum durchaus bewusst und kalkuliert erscheint. Das ist hier, so schaut es auf jeden Fall aus, nicht der Fall.

Marty Rosenbluth bemüht sich um die Freilassung seiner Klienten. Er wundert sich über die Richter, denn er hat bei fast exakt gleich gelagerten Fällen die unterschiedlichsten Urteile erlebt. Gericht scheint ein Glücksspiel zu sein. Aber Marty freut sich wie ein Kind, und mit ihm seine Mitarbeiterin lateinamerikanischen Ursprungs, wenn ein Klient freigelassen wird, oft zu dessen eigener Überraschung.

Der Film berichtet über den Fall von Raoul. Der sitzt im Gefängnis. Die Kommunikation mit ihm geht über Internetbildtelefonie. Er wird von Marty auf die Befragung vorbereitet. Sein Frau mit den zwei Kindern empfängt das Filmteam bei sich in der Wohnung und lässt es an ihrem Leben teilhaben. Sie ist eine mütterliche, mollige Frau. Sie kämpft mit verschiedenen Jobs für ihre Kinder. Aber sie leidet an Depression und auch dagegen muss sie ankämpfen. Die Ungewissheit, wie die Sache mit ihrem Mann ausgeht, ist zermürbend wie auch die eigene Unsicherheit; sollte sie sich die kleinste Ordnungswidrigkeit zuschulden kommen lassen, muss sie mit allem rechnen.

Der Ort, an dem dieser faszinierende Dokumentarfilm spielt, heißt Lumpkin. Lumpkin wird auch verwendet als Inbegriff der Provinzialität, des Provinziellen; bei uns wäre es Krähwinkel und ein paar Kilometer davon entfernt. Doch der Protagonist, der hat so gar nichts Provinzielles an sich, aber auch kein Großstadtgetue.

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