Rust – Legende des Westens

Im Land der Kopfgeldjäger

Es ist schon ein merkwürdiger Eskapismus, für über zwei Stunden aus unserer global-vernetzten IT- und KI-Welt in die hermetisch-kompakte Bildwelt der Kopfgeldjäger einzutauchen und das mit dem Wissen im Hinterkopf, dass bei den Dreharbeiten ein Schuss die Kamerafrau getötet hat. Ihrer wird im Abspann gedacht mit dem Versprechen, es nächstes Mal besser zu machen. Liest sich zynisch.
Andererseits wir so wild geschossen in diesem Film von Joel Souza, wie es wohl im Wilden Westen so war.

Wilder Westen, Wyoming, Colorado, New Mexiko um 1882 herum. Lucas (Patrick Scott McDermott) lebt mit seinem kleineren Bruder weit und breit allein auf dem Lande. Mutter ist gestorben, Vater hat sich schon länger umgebracht mit einer kostbaren Flinte.

Der Junge erschießt einen Typen, den er als Störefried wahrnimmt. Dafür soll er gehenkt werden. Harland Rust (Alec Baldwin, Todesschütze beim Dreh, Mitproduzent und Protagonist) entführt ihn aus dem Knast und rettet ihn so vor einem frühen, gewaltsamen Tod.

Widerstrebend geht der Junge mit, ist vielleicht doch besser, mit einem unsympathischen, unbekannten Alten durch den Wilden Westen auf der Flucht zu sein, als den baldigen, sicheren Tod zu erwarten.

Der Alte ist der Opa des Jungen. So ein richtig herzliches Verhältnis will sich nicht entwickeln. Da die beiden von Kopfgeldjägern gejagt werden, bleibt keine Zeit für eine Annäherung, für den Aufbau eines intimen Verwandtschaftsverhältnisses.

Der Opa scheint unzählige Menschen umgebracht zu haben, weshalb auch immer. Immerhin entwickelt der Junge eine Art Fürsorgeinstinkt, wie die Gefahr wächst und der Opa verletzt ist. Es ist nicht unbedingt diese Geschichte, die den Film sehenswert macht, auch die Verfolgerei und die Schießereien kommen einem nur allzu vertraut vor. Vielleicht ist es diese konsequente Weltabgeschiedenheit und Unerreichbarkeit des Settings, ist es die Kamera, die wie mit einem Sog sich magisch dem Object of Interest nähert, ist es die Musik, die wie eine mächtige Maschinerie die Bildwelt umtost und untermauert – da braucht niemand Kopfhörer.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert