Tatort: Zugzwang (ARD, Sonntag, 27. April 2025, 20.15 Uhr)

Dilettanten

Der Tatort scheint unter Minderwertigkeitskomplexen zu leiden. Er scheint sich selbst und seiner ursprünglichen DNA, akutelle soziale Probleme aus dem Bereich der Zwangsgebührenzahler, spannend in Krimiform zu erzählen, untreu geworden zu sein. Er will mehr. Der Schuster hat seine Leisten satt und will aufs große Parkett, auf das Weltparkett. Das kann nur schief gehen. Der überambitionierte Tatort fällt auf zu glatt poliertem Boden voll auf die Nase. Er wirkt nur noch dilettantisch. Bauerntheater, was Eiskunstlauf zeigen will.

Dieser Tatort von Nina Vukovic nach dem Drehbuch von Robert Löhr unter der redaktionellen Verantwortung von Cornelius Conrad wagt sich ins Weltmilieu des internationalen Schachzirkus. Er sieht sich als internationaler Thriller, streckt sich darnach, verliert dabei das Gleichgewicht und kommt zu Fall. So wirkt auch die Schauspieler-Auswahl nicht überzeugend.

Es gibt keinen Grund, sich für den Fall, der entferntest möglich von der Lebenswelt des durchschnittlichen Bundesbürgers angesiedelt ist, zu interessieren. Er wird aber auch nicht, was der Reiz eines Thrillers sein kann, in einem Sehnsuchts- oder Traummilieu angesiedelt.

Besonders dilettantisch wirkt die Darstellung der Polizeiarbeit, gänzlich ohne seriöse Ermittlungsvorgänge. Unter radikalem Verzicht auf all jene, die die konkrete, minutiöse Sammler- und Fieselarbeit machen. So kommt der Plot als holterdiepolter Krimi daher. Der Polizeiarbeit fehlt das Skelett, sie ist somit schwammig. So sieht es aus, als ob ein paar Laien mal eben in einem eleganten Hotel Kriminalpolizei spielen wollen – sie wirken deplaziert; dieser Eindruck wird noch verstärkt dadurch, dass der Pathologe plötzlich selbst ermittelt. Überhaupt ist die Erfindung, dass er ein Schachfan sei und deshalb an diesem Kandidatenauswahlturnier vor Ort ist, an den Haaren herbeigezogen, erst recht für Leute, die ihn schon früher als Pathologe gesehen haben, da gibt es nie einen Hinweis auf dessen Schach-Affinität – könnte ja ein spannender Charakterzug für einen Pathologen sein; ist so aber nie eingesetzt worden. Die Figur ist nicht gründlich durchdacht.

Die Inszenierung wirkt uninspieriert und steif, viel Stehpartie, zu viele Erklärungen, kaum Handlung, und auch das Schachspiel könnte man spannender präsentieren, viel Auf-den-Einsatz-mit-dem-Text-Warten, schauspielerische Ratlosigkeit, die der Regie – und auch der Redaktion – offenbar nicht aufgefallen ist.

Der Tatort möchte größer werden, größer sein als er kann und schrumpft dabei auf Provinzformat. Er entbehrt der Street-Credibility.

Der Plot wirkt erfunden wie mit Schielauge auf internationale Thriller und mit zu wenig Ahnung davon, wie solche funktionieren. Vielleicht sollte die Idee, Frauen in der Männerdomäne Schach zu zeigen, der exklusive Selling-Point sein; ist aber nur ein Knallfrosch, mehr nicht; wenn das denn wenigstens plausibel transportiert würde.

Das wäre wohl alles noch hinnehmbar, ein Flop kann immer mal passieren, wenn es nicht so ernst um den Weiterbestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes bestellt wäre: inzwischen gibt es Umfragen, die die AfD als stärkste Partei in Deutschland sehen. Diese will den öffentlich-rechtliche Rundfunk radikal abschaffen. Insofern ist es schwer verständlich warum der BR noch solch gedankenlose Tatorte raushaut. So wird man auch dem in ehren ergrauten Kommissars-Duo wenig hinterhertrauern.

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Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers!

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