Anbandeln auf der Fähre
Zwischen Oslo und einer vorgelagerten Insel verkehrt eine Fähre. Die Überfahrt ist kurz. Die Insel bietet einen wunderschönen Blick über Stockholm.
Der Geologe (leider sind die Rollen und ihre Darsteller aus IMDb nur schwer zu identifizieren), der dort neben seiner Ex mit den Kindern wohnt, kann wunderbar die geologischen Schichten von Stockholm erklären. Er liebt die Steine. Seine Zuhörer sind eine Gruppe von Menschen, die sich Gedanken zur einer Jubiläumsfeierlichkeit von Oslo machen.
Darunter ist eine Stadtführerin, die uns vorher schon die Sexualisierung der Mauerskulpturen am Rathaus erklärt hat. Sie bringt ihre Freundin mit, eine Onkologin, und will diese mit dem Geologen verkuppeln.
Auf der Insel wohnt in einer Hütte Tor, der Krankenpfleger, der mit Fahrrad und Fähre zum Krankenhaus in Oslo fährt. Seine Chefin ist die Onkologin. Er selbst nutzt die Überfahrt, um mit anderen Männern über Anbandelplattformen in Kontakt zu kommen. Er erzählt davon seiner Chefin, der Onkologin, frei und unbefangen.
Vorherschon bei der Betrachtung der Rathauswandskulpturen kam die Touristenführerin auf diverse Lebensweisen, wie selbstverständlich die seien, zu sprechen. Die Onkologin wiederum nutzt die Rückfahrt von der Besprechung beim Geologen, um mit einem Passagier anzubandeln für einen One-Night-Stand mit Schwimmen im Meer.
Der Film der Norwegers Dag Johan Haugerud behandelt subtil und behutsam in intensiven Dialogen die Situation moderner Großstadtmenschen mit all ihren Freiheiten, Sehnsüchten, Beziehungs- und Anbandelmöglichkeiten, ihren Ängsten.
Breiten Raum nimmt das Thema der Prostataoperation und der damit verbundenen, möglichen Einschränkungen der männlichen Sexuallebens ein, gerade auch im schwulen Bereich.
Dafür lernt Tor den Patienten Björn auf der Fähre kennen, der Panik vor Kontakten hat, der mit seinem Sexualleben zwischen alle Stühle gefallen ist, mit seinem Outing kam AIDS auf verbunden mit den entsprechenden Ängsten. Jetzt, wo das Anbandeln und Cruisen dank Apps leicht fällt, hat er ein Prostataproblem. Zwischen der Onkologin und dem Geologen scheint sich auch etwas anzubahnen. Da steht das Eheproblem dazwischen. Er hat das Eheversprechen schon zweimal gebrochen. Würde das noch ein drittes Mal drohen?
Der Film ist mit Datumsangaben strukturiert und umfasst eine Periode von wenigen Tagen in einem August. Er wirkt sympathisch nah an unserer Zeit. Er zeigt Menschen von heute mit den Problemen der Menschen von heute.