Pandoras Vermächtnis

Die kinematographische Hinterteppe

Es gab einmal ein populärwissenschaftliches Buch von Wilhelm Weischedel, das hieß „Die philosophische Hintertreppe“. Es versuchte den privaten Zugang zu den Werken großer Philosophen.

So ähnlich scheint es Angela Christliebe mit ihrer Dokumenation im Hinblick auf Georg Wilhelm Papst im Sinn zu haben.

Sie hat (die?) drei Enkel von ihm vor die Kamera geholt, lässt sie erzählen, Fotoalben, Filme anschauen, lässt sie nach Kalifornien fahren, wo Papst einige Jahre mit seiner Frau Trude verbracht hat.

Vor allem lässt die Dokumentaristin Trude in Brief- und Tagebuchtexten zu Wort kommen. Sie scheint die prototypische Verliebte gewesen zu sein, das Weibchen, wie ein Macho es sich nur wünschen kann. Aber sie scheint auch seine Muse gewesen zu sein, die Frau, die er nach seinem Gusto formte und die nicht zuletzt Einfluss auf seine Filme hatte, so insinuiert es der Film zumindest mit einer geschickten Montage von Texten von ihr, die ihren Niederschlag in Filmen des Meisterregisseurs gefunden haben.

Trude hat ihre Ambition als Schauspielerin zurückgesteckt, er wollte sie wohl nicht mit dem Publikum teilen, gönnte ihr nur selten kleine Auftritte. Sie hat auf seinen Wunsch sieben Mal abgetrieben, weil er sich seiner Kunst widmen wollte, weil das Kino es nicht zuließ, dass er nebenher noch Kinder aufzog.

Der älteste Sohn muss furchtbar gelitten haben. Ein Enkel erzählt die Geschichte, dass sein Vater nicht gerne gegessen habe. GW, so wird der Regisseur auch von seinen Nachfahren achtungsvoll genannt, habe ihm einen Wecker auf eine Viertelstunde gestellt und dann habe aufgegessen sein müssen. Tyrannisch.

Der Einblick in die Familie ist nicht unbedingt erfreulich. Die Enkel müssen mit der Last des berühmten Namens leben, scheinen sich aber jeder auf seine Art eingerichtet zu haben in dieser Welt, sei es mit Paläontologie, Dinosaurierskelette rekonstruieren, Musik machen, Drohnen fliegen lassen oder sich um Insekten und deren Liebesspiele kümmern, den Schutz des Planeten im Kopf.

Die Ausschnitte aus den Papstfilmen sind aufregend, erregend, antörnend, wirken heutig und keineswegs altbacken oder verstaubt und machen Lust, die Filme zu entdecken oder wiederzusehen; egal, wie der Meisterregisseur in der Familie sich gegeben hat.

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