Meine letzte Nacht mit einem Vampir – La morsure

Exzess einer ordentlichen Jugend

Man siezt sich. Bereits als Teenager. Es ist das Jahr 1967. Noch vor der Studentenrevolution, der sexuellen Revolution. Man ist spießig angezogen. Francoise (Léonie Dahan-Lamort) und Delphine (Lilith Grasmug) besuchen eine Klosterschule. Streng. Nur für Mädchen. Hinterm Gitterzaun im Park sind die Jungs. Sie haben Botschaften für die Mädchen.

Francoise ist besonders heftig betroffen von all den Sehnsüchten nach dem Unbekannten, nach dem Nicht-Gelebten. Sie pendelt ersatzweise; sie hofft, mit dem Pendel Entscheidungen herbeiführen zu können. Sie glaubt nicht, noch lange zu leben. Eine Nacht noch, dann wird Schluss sein.

Romain de Saint-Blanquat, der mit Marcel Beaulieu und Laurie Bost auch das Drehbuch geschrieben hat, entwirft wie ein Modell oder eine Studie das Bild einer Jugend an dem Scheidepunkt zwischen Keuschheit und Hingabe an die körperlichen Liebe, der etwas Definitives anhaftet, etwas Endgültiges.

Es ist noch nicht die Zeit mit dem schnellen Bettenwechsel, den One-Night-Stands, schon gar nicht für die Erwachsenen an der Schwelle zur Liebe. Francoise ist von Alpträumen geplagt. Sie kann sich mit Delphine aussprechen. Wie die Jungs sie zu einer Party einladen, brechen die beiden Frauen aus. Es wird ein Ausflug in eine mystische Welt, ein Bruch mit Tabus, ein Ausflug in die Männer- und Partywelt.

Die Männer selbst werden gezeichnet als eine Art Protoypen. Maurice, der schon älter ist, der die beiden Frauen schießlich in einem geklauten Auto mitnimmt und zu der Party-Location fährt. Und dann auch dort auftaucht. So richtig ist ihm nicht zu trauen, trotz aller Freundlichkeit.

Dann gibt es die übliche, unsensible Anmache durch machohafte Jungs: Zigarette nur gegen einen Kuss und dann mehr. Das kann Francoise nicht akzeptieren, das ist ihr zu plump. Aber umso dringender wird ihr Begehr.

Christophe (Maxime Rohart) steht plötzlich vor ihr. Er ist differenzierter, sensibel kostümiert als bleicher Vampir. Er sei auch einer, behauptet er. Die Faszination ist gegenseitig. Auch er wirkt mehr als eine Symbolfigur. Was macht man in einer Nacht, wenn man das Gefühl hat, es werde die letzte Nacht sein? Das ist der Antrieb für Francoise und macht sie bereit, Dinge zu erleben wie nie zuvor, vielleicht die Schwelle von der Kindheit, der jungen Frau zur Erwachsenen zu überschreiten; die Frage des Erhörtwerdens zu klären.

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