Talent, Zirkusgaul, Autorin
Sie ist mit widersprüchlichen Talenten begabt. Sie ist Schauspielerin, sie ist durchdacht, reflektiert, sie ist Autorin, hat aber den unbezähmbaren Drang auf die Bühne oder vor die Kamera.
Eine solche Persönlichkeit aus der posthumen Perspektive zwingend und in allen Facetten auf die Leinwand zu bringen, ist vielleicht ein Ding der schieren Unmöglichkeit. Das wäre eine Erzählidee, aus den deutschen Trümmern des Zweiten Weltkrieges nach Hollywood. Oder das Motiv der möglichen Gegenspielerei von Kunst und Intellekt in ihrer Persönlichkeit.
Ein Leben begleitet von Skandalen und mehreren Ehemännern. Eine Schauspielerin, die mit großen Regisseuren schlechte Filme gemacht hat. Eine Frau, die mit „Der geschenkte Gaul“ einen Weltbestseller landet, die mit ihrer Stimme unvergessliche Liedtexte von sich selbst singt, die heute noch bekannt und beliebt sind, „Von nun an gings bergab“ oder „Für mich sollt’s rote Rosen regnen“.
Das alles spannend unter einen Hut oder in einen Film zu bringen, versucht Luzia Schmid. Sie hat sich sicher fleissig durch Archivmaterialien gewühlt, sie muss jede Menge Klatschpresse gesichtet haben, sie hat die Tochter der Knef und ihren letzten Ehemann vor die Kamera gebracht, der selbst auch, wenn ich mich nicht täusche, in den Credits als Mitproduzent auftaucht.
Die Dokumentaristin lässt Knef-Zitate vorlesen, die belegen, wie reflektiert und wach sie Leben und Beruf angegangen ist. Es gibt viel Archivmaterial zu sehen, immer wieder überrascht und fasziniert einen, wie Leute damals im Flugzeug oder bei Fernsehinterviews ungeniert geraucht haben.
Es gibt Ausschnitte aus Kinofilmen und die Knef erzählt, wie hart die Arbeit am Broadway war oder wie sie ganz jung drei Jahre in Hollywood vertan hat, indem sie unter Vertrag war, aber nicht beschäftigt wurde. Sie sieht die Zeit nicht als verlorene Zeit, da sie daraus ihre Lehren gezogen hat.
Die Knef lässt sich von Blacky Fuchsberger ganz offen über ihre Schönheits-OPs befragen. Es geht um Hochs und Tiefs, um Hin und Hers zwischen Deutschland und dem amerikanischen Show-Business, um Krankheit, Tabletten.
Aber der Film kann nicht deutlich machen, warum er heute wichtig ist. Er ist nicht mehr als eine nette Erinnerungssammlung mit zwei Zeitzeugen. Er kann die Knef nicht einordnen in die deutsche Kultur nach dem Zweiten Weltkrieg. Dem Film fehlt das Need, den Star unter einem erzählspannenden Prätext zu präsentieren, vielleicht gar neu zu sehen oder deutlicher zu sehen. Er kann das Bild der Knef, auf amerikanisch Neff, nicht neu beleuchten; insofern wirkt er filmisch verstaubt. Es bleibt weiterhin die Stimme, es bleiben die Songs.