Keine Ahnung
warum dieser Film in der Regie von Barry Levinson nach dem Drehbuch von Nicholas Pileggi mit Robert de Niro in der Doppelrolle des Gangsterbosses Frank Costello und dessen Jugendfreund und späteren Rivalen Vito Genovese gemacht worden ist.
Irgend wer muss nostalgisch den Narren am amerikanischen Mafiafilm gefressen haben. Das ist verständlich, wenn man ans amerikanische Kino der Vergangenheit denkt. Aber wieso De Niro diese Doppelrolle spielen muss, das können weder der Film noch andere Überlegungen erklären. Was soll der Reiz sein, zwei beinah identische Männer, die um den Posten des obersten New Yorker Mafiabosses rivalisieren, der Film spielt nebst Rückblenden 1957, von ein und demselben Darsteller, der noch dazu in vorgerücktem Alter ist, spielen zu lassen?
Soll das erklären, dass sie im Grunde genommen die gleiche DNA haben? Ok, beide sind Italiener, sind ungebildet nach Italien gekommen; sprechen dafür ein makelloses Englisch. Vito war erst der Boss. Ist dann 15 Jahre in Italien gewesen. In der Zeit hat sein Alter Ego Frank die Macht gefestigt und für Ruhe in der Gangsterwelt gesorgt. Das ändert sich wie Vito zurückkehrt und wieder nach der Macht greifen will.
Die Geschichte ist nicht sonderlich spannend erzählt – und schon gar nichts erzählt sie darüber, wie genau das funktioniert mit der Gangstermacht. De Niro als Frank erzählt rückblickend. Es ist in etwa so, als ob man gemeinsam mit ihm ein Fotoalbum aus seinem bewegten Leben anschaut. Der berühmte Dia-Abend bei Nachbars kommt einem in den Sinn. Warum soll uns dieses Leben interessieren? Was soll diese Erzählposition des alten, sich zurückgezogen habenden Gangsters, der das Kartell vor seinem Rückzug hat auffliegen lassen, uns fesseln?
Es kommt hinzu die Perzeptionsschwierigkeit zumindest für einen, der nicht ein exzellenter Recognizer ist: immer wieder ist unklar, wen De Niro gerade spielt. In jungen Jahren mag ein Schauspieler brillieren mit der Darstellung gegensätzlicher Rollen in einem Film, er mag Talent zeigen. Aber wenn ein Mime alt geworden ist, so bringt ihm das keine Lorbeeren mehr, wenn er zwei Charaktere versucht zu spielen, die sich erstens sehr ähnlich sind, und die er dann selbst nur einmal mit hellerer und eimmal mit tieferer Stimme spielt. Den Rest besorgen Maske und Kostüm.
Nein, das Kalkül mit dem Unique Selling Point des doppelten De Niro geht nicht auf. Das funktioniert deutlich besser mit dem doppelten Robert Pattinson in Mickey 17, der auch seinen Klon 18 spielt. Aber der ist jung und biegbar. Während im Alter, wenn womöglich künstliche Gelenke eingebaut worden sind, auch ein Gang kaum mehr variabel ist.
De Niro beweist zwar nach wie vor, dass er ein wunderbarer Schauspieler ist, er beweist aber auch eine überraschende Naivität, wenn er meint, er müsse in seinem fortgeschrittenen Alter noch solche darstellerischen Sperenzien vorführen. So wirkt denn der Film lediglich altbacken. Angesichts des Gangstertums, das sich gerade im Weißen Haus ausbreitet, wird einem richtig mulmig, wenn Mafia so unkritisch, ja direkt bewundernd dargestellt wird.