Schöner Kinoschinken –
gut abgehangen
Der Film von Anand Tucker nach dem Drehbuch von Patrick Marber nach dem Roman „Curtain Call“ von Anthony Quinn und gewidmet Bill Kenwright („no risk, no magic“ – ein großes Risiko geht dieser Film allerdings nicht ein) entwirft ein opulentes Gegenbild zum Satz von André Bazin (dem Vater der Nouvelle Vague, wie bei Wikipedia nachzulesen ist) – und garantiert nicht im Stil der Nouvelle Vague – nämlich dem Kritiker als Machtfigur und nicht der Kritik als einem Tropfen Wasser, der in einen Fluss fällt.
Hier ist der Kritiker Jimmy Erskine, der in der Besetzung mit Ian McKellen aussieht und spielt wie ein Schmierenkomödiant, gesetztes Schmierentum, ein Mörder, ein Intrigant, ein Karrieremacher und wohlhabend obendrein.
Erskine wohnt exquisit. Sein Assistent Tom (Alfred Enoch) ist Kohabitant, offiziell schläft er auf dem Sofa, wie Jimmy bei einer Polizeibefragung angibt. Tom tippt für ihn die Theaterverrisse. Nach dem Theater kann der Weg von Jimmy auch mal über den Park führen, wo er Sex mit einem Stricher in der Art des „rough way“ hat.
Jimmy schreibt mit goldenem Schreibstifft, trägt weißen Schal, perfekten Anzug. Er hat die Nachwuchsschauspielerin Nina Land (Gemma Arterton) auf dem Kieker, schreibt über das Stück „White Devil“ im Due Theater einen gnadenlosen Verriss im „Daily Chronicle“.
Sein Verleger David Brooke (Mark Strong) steht allerdings auf die Jungschauspielerin und verlangt von ihm eine bessere Bewertung. Da Nina bei Jimmy auftaucht und sich beschwert, setzt dieser sie für eine infame Intrige ein.
Eine weitere Komponente des sich anbahnenden Dramas ist der Schwiegersohn von David (Ben Barnes), der unsterblich in Nina verliebt ist.
Der Film zelebriert förmlich das Theatrale, ertrinkt teils schier in der schwülstigen Musik, den Kostümen, der Ausstattung und der forcierten Diktion. Und wenn man sich nach der Pressevorführung die aus dem Saal strömenden Filmkritiker anschaut, so braucht es schon sehr viel Phantaise, Gemeinsamkeiten mit der im Film dargestellten Figur zu entdecken.
Wobei auch klar ist, damals, der Film spielt in den 30ern des letzten Jahrhunderts, dass sich heute durch Internet, Influencer, Blogs und auch die Vielfalt der Medien eine ganze andere Kritikerlandschaft gebildet hat als die monopolistische von damals. Und, trostreich für die Presse, ist es doch noch nicht lange her, dass ein Münchner Kinobetreiber erzählt hat, er müsse für einen bestimmten Film mehr Vorstellungen ansetzen, da in der SZ eine positive Rezession erschienen sei. (Die hat schändlicherweise ihre Kinoseite sang- und klanglos eingehen lassen; hat sie was gegen die Kinobetreiber?).