Emotionslosigkeit im Kino
Zwei Dinge sind im Kino besonders schwer: die Darstellung von Emotionslosigkeit und die Darstellung eines künstlerischen Prozesses.
Anne Fontaine, die mit Claire Barré und Pierre Trividic auch das Drehbuch geschrieben hat, meistert in ihrem Film über die Entstehung des berühmten Bolero von Maurice Ravel beides nicht.
Wie Emotionslosigkeit im Kino eingesetzt werden kann, dafür gibt es ein brillantes, französisches Beispiel: Robert Bresson hat mit ihr grandios gearbeitet, indem er die Schauspieler zu Models seiner Plots gemacht hat. Aber da waren Plots vorhanden.
Bei Anne Fontaine geht es lediglich um eine Nachillustration anhand biographischer Punkte. Es geht um die Entstehung von Ravels berühmten Bolero. Ab und an wird eine Jahreszahl einbgeblendet, 1903, 1927 oder auch Ortschaftsnamen, Denver, Boston, New York anlässlich einer Amerikareise.
Der Film verzichtet weitgehend auf die Angabe justiziabler Daten. Das ist, als ob bei einem Wirbeltier das Skelett rausgenommen wird. Und da soll dann ein Raphael Personnaz als Maurice Ravel einen Film lang keine Emotion zeigen. Die Emotion soll ins Werk. Es ist ein Auftragswerk für eine Tanzkompanie.
Die Inspiration aus einer Fabrik, die ist einleuchtend, das Rattern, der Rhythmus der Maschinen. Damit fängt der Film an. Hier übergibt, nach einer längeren Rückblende, Ravel sein Werk an die Auftraggeberin.
Es gibt in der Region um den Tod seiner Mutter einen Blick in ihr gut ausgestattetes Haus. Der Film verwendet viel Energie auf Formales der Menschen im Umgang miteinander und auf die historische Ausstattung, Kostüme, Frisuren.
Der Bolero scheint ein später Triumph für den Komponisten Ravel, der als Pianist 5 mal für den Prix der Rome abgelehnt wurde. Ravel bewegt sich im Puff, möchte sich aber nicht ausziehen, er lässt sich von einer Magd durch Populäres inspirieren. Er widersteht dem Begehren von Frauen. Auf Männer scheint er aber auch nicht zu stehen. Er erlebt einen Zusammenbruch und ist nachher nicht mehr der gleiche, hat Gedächtnis- und Wiedererkennenslücken. Im Zweiten Weltkrieg leistet er Dienst als Sanitäter, dazu gibt es illustrierende Szenen. Ravel scheint außerdem einen Schuhtick gehabt zu haben.