Poison – Eine Liebesgeschichte

Treffen sich zwei Menschen auf dem Friedhof

Zu diesem Sujet gibt es eine rasante Komödie von Billy Wilder: Avanti Avanti. Die Zeiten sind vorbei. Aber Menschen können sich immer noch auf dem Friedhof treffen. Und dass so ein Treffen mit Liebe zu tun hat, verwundert nicht weiter, schon bei Billy Wilder nicht und auch jetzt nicht im intensiven Film von Désirée Nosbusch nach dem Drehbuch und Theaterstück von Lot Vekemans.

Lucas (Tim Roth) und Edith (Trine Dyrholm) treffen sich in der kalten Jahreszeit auf dem unwirtlichen Friedhof. Zuerst will sie ihm ausweichen. Er entdeckt sie. Sie haben sich zehn Jahre nicht gesehen, sie haben sich entfremdet. Sie verbindet etwas, was der Zuschauer anfangs nicht weiß und was insofern als Spoiler betrachtet werden muss, also an Spoilerallergiker die Bitte, hier nicht weiter zulesen.

Man kann aber den Spoiler noch etwas nach hinten verschieben. Die beiden Menschen verbindet etwas, was wie ein radioaktiver Leuchtstoff gesehen werden kann, der aber nicht die Physiologie eines menschlichen Körpers durchleuchtet, sondern die verästelten, komplizierten Gewebe dessen, was Beziehung und Liebe allenfalls im erweiterten Sinne der Identität eines Menschen bedeuten.

Lucas und Edith haben ihr gemeinsames Kind verloren. Es ist von einem LKW erfasst worden und später gestorben.

Der Film interssiert sich aber nicht für dieses Drama, was stark und schlimm genug ist. Er interessiert sich dafür, was dadurch aus der Beziehung wird. Diese wird in den Dialogen, die sich aus einer Wartezeit – worauf? – in den zugigen Friedhofsräumen und teils in heftigem Regen ergeben, filettiert.

Dieses Ereignis, das wie Gift in die Beziehung geträufelt wurde, was der Mann nicht mehr aushielt, worauf er, sie weiß noch genau den Tag und die Uhrzeit, wortlos einfach gegangen ist. Das war vor zehn Jahren.

Später wird es noch einen Spaziergang geben. Auch werden sich Tonlage und Stimmung im Laufe der Gespräche, teils gequälter Gespräche, aufhellen. Und es wird klar: Liebe ist etwas Totales, etwas, dem man sich ausliefert, etwas, das einen Menschen verändert, in einen elementar anderen Zusammenhang bringt. Erst recht wenn ein Kind da ist. Ist dieses weg, so müsste dieser Zusammenhang wohl neu gedacht werden. Das hat das Paar offensichtlich überfordert. Und da es damit nicht allein steht, erhebt dies diese Liebesgeschichte in einen Fokus allgemeineren Interesses. Es ist ein Kino, was ganz genau hinschaut auf die Menschen und was sie atmosphärisch in ein stimmiges Bühnenbild setzt.

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