Traumnovelle

Dem Autor die Ehre

Beim Theater gibt es gegen Stückzertrümmerer wie Castorf die konservative Gegenposition, die dem Autor oder dem Stück die Ehre geben will. Wütende Leser fordern jeweils gegen die Zertrümmer, sie wollen ihre Klassiker wiedererkennen, so wie sie sie kennen. Diese dürften hier im Film von Florian Frerichs, der mit Martina van Delay auch das Drehbuch nach Arthur Schnitzlers Traumnovelle geschrieben hat, auf ihre Rechnung kommen.

Das Stück ist knapp 100 Jahre alt und das sieht man ihm dank der Werktreue der Filmemacher auch an, obwohl es in ein modernes Ambiente transferiert wurde, in das Berlin von heute.

Der Protagonist Jakob (Nikolai Kinski als Arzt wie er im Bilderbuch nicht schöner kommen könnte) steckt sich immer wieder die Kopfhörer ein und wieder aus, fährt einen eleganten Porsche und Handys ersetzen die klassische Kommunikation über Briefe.

Solche Modernismen werden wohldosiert und beiläufig eingesetzt, ebenso die Ausstattung und Kostüme, im Sinne der Werktreue, damit die volle Konzentration auf das gegeben ist, was zwischen den Figuren abgeht, zwischen Jakob und seiner Gemahlin Amelia (Laurine Price; auch sie wäre eine ideale Partnerin in einer Fotoromanze im Ärztemilieu) und zwischen all den Figuren, die peripher auf dem Radar der beiden erscheinen und was sie mit ihnen anrichten.

Das scheint das zentrale Thema von Schnitzler zu sein, dieser Unschärfebereich von Liebe und Erotik, die Konvention der Ehe im Widerstreit mit dem Begehren, der Verführung, der Sehnsucht nach Erfüllung, der Reiz dessen, was unerreichbar scheint und auch gar nicht erlaubt ist.

Verkleidungen, Masken und topsymbolisch und ebenso topkulturell Der Maskenball von Giuseppe Verdi spielen dabei eine wichtige, aber nicht unbedingt klärende Rolle und unterstützen sogar die Idee eines Repertoire-Kinos in Anlehnung an das Repertoire-Theater.

Jakob wird an einem Abend, den er mit seiner Frau genießen möchte, zu einem Notfall gerufen, dem Vater von Marianna (Nike Martens) geht es schlecht. Wie der Arzt eintrifft, ist der Papa schon tot und der Arzt sieht sich unvermittelt in der Gefühlswelt von Marianne.

Die schwierige Situaton wird erst gelöst, mit dem Erscheinen von Professor Roediger (Rodney Charles). Auf dem Nachhauseweg wird Jakob von Mizzi (Nora Islei) angesprochen. Damit startet ein Reigen voller Verwirrungen, Maskenspielen und Begegnungen durch die Nacht. Reigen ist auch der Titel eines Stückes von Schnitzler, das 1950 von Max Ophüls meisterlich verfilmt worden ist. Vielleicht ist es gar keine schlechte Idee, die Schauspieler überwiegend englisch sprechen zu lassen, denn das Hochdeutsche ist auf keinen Fall ein adäquater Ersatz für das Wienerisch.

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