Leben ist jetzt – Die Real Life Guys

Landjugend Millenials

Jeder Generation ihren Coming-of-Age-Film. Und wenn dieser noch anekdotisch untermauert ist „nach einer wahren Geschichte“, kann er möglicherweise zum Statement einer Generation werden wie hier im Film von Stefan Westerwelle (Kannawoniwasein, Matti & Sami und die drei größten Fehler des Universums) und Maria-Anna Westholzer nach dem Drehbuch von Sven Fockner, Toks Körner und Lynda Bartnik.

Es geht um „The Real Life Guys“, die Geschwister Mickenbecker, die auf einem Bauernhof in Hessen im Mittelgebirge aufwachsen.

Sie sind Tüftler, haben in Scheunen und ähnlichem des Anwesens Platz genug, Fahrgeräte jeglicher Art und mit unterschiedlichster Art von Antrieb zu entwickeln. Sie sind 1997 geboren und wachsen mit den Social Media heran, in denen sie ihre Erfindungen und Experimente präsentieren. Eine Badewanne, die fliegt, ein Fahrrad mit Raketenantrieb, eine Achterbahn oder eine U-Boot-Tauchfahrt.

Es sind kühne Unternehmungen, die Mut oder Leichtsinn erfordern, vielleicht eine totale Art der Lebensbejahung, wie ihr Künstlername, unter dem sie in den Internetvideos auftreten, vermuten lässt.

Sie haben zusätzliche Gründe, das Leben erhaschen zu wollen, es nicht zu verschenken. Bei Philipp wird ein Tumor am Herzen entdeckt. Jugend und eine bald möglicher Tod erhöhen das Verlangen nach Leben und verleihen diesem zusätzliche Dringlichkeit.

Im Film betont die Musik noch unentwegt diese Sehnsucht nach Leben, ja diese Lebenstrunkenheit.

Mit Richard und Anton Fuchs hat der Film zwei wunderbare Brüder als Darsteller der beiden jungen Männer gefunden, filmaffin wie irgendwas beide mit Silberblick, kinotauglichem Ernst und gleichzeitig einer Verschmitztheit.

Der Vater ist ein knuddeliger Brocken, die Mutter ist aktiv gläubig, christlich, man betet vor dem Essen, aber nicht übertrieben.

Die Jugend scheint zwar nicht viel anders zu sein als andere Jugenden vor ihr auch, sie will Erfolg, sie will reisen, die Liebe klopft an, wenn auch nicht explizit als zentrales Thema. Dieses ist dann doch mehr die Unzertrennlichkeit der Zwillinge, die ohne einander nicht können.

Zu ihnen gehört eine Clique junger Menschen, die nicht minder enthusiastisch auf Minigefährten über die Straße düsen, dabei Selfies aufnehmen, farbigen Rauch und Raketenexplosionen versprühen und aus Gaudi die Schallmauer von 500′ 000 Followern oder 1 Million durchbrechen und die sich vom Geldumsatzzwang einer Internetmanagerin nicht kirre machen lassen und dieser kühl die Tür weisen. Und: kein Lamento über diese Jugend; sie stellt an ihrem Überwald Gymnasium mit elektronischen Manipulationen die herrstlichsten Streiche an.

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