Juror 2

Erstklassige Pflicht

Wollte man im Kino wie beim Eiskunstlauf verschiedene Disziplinen unterscheiden, so würde im amerikanischen Kino das Justizdrama mit seiner langen Tradition zweifellos zum Pflichtprogramm gehören.

Und dies liefert Clint Eastwood nach dem Drehbuch von Jonathan A. Abrams tadellos, schnörkellos und klarsichtig – und das im fast schon biblischen Alter von über 93 Jahren.

Das amerikanische Justizdram ist deswegen kinematographisch so ergiebig, weil es das Geschworenengericht kennt. Das meinte einmal ein deutscher Regisseur zu einem Schauspieler, der einen Notar spielen sollte, er könne ihm zur Anwaltsrolle nichts sagen, da solche Figuren im deutschen Kino und Fernsehen langweilig seien. Insofern ist es auch kaum möglich, dem Genre neue Nuancen hinzuzufügen.

Aber der Cineast wird sich erfreuen über die einfühlsame und zielbewusste Inszenierung, die immer den Schauspielern die Ehre lässt und damit die Geschichte bestens nachvollziehbar in den Vordergrund rückt.

Es ist in diesem Fall auch ein Gewissensdrama. In einem Provinzkaff in Georgia wird vor Gericht der Tod einer jungen Frau verhandelt. Ihr Freund James (Gabriel Basso) soll sie nach einem Streit bei einem Wirtshausbesuch allein in die regennasse Nacht hinauslaufen lassen haben, sei ihr dann mit dem Auto gefolgt. Sie wurde tot am Fuße einer Böschung aufgefunden.

Es ist einer der Fälle, wie später eine krimifeste Nachrückgeschworene sagen wird, bei dem alles perfekt zusammenpasst, der Täter ohne nähere Ermittlung eindeutig feststeht und der Fall für das Geschworenengericht in kurzer Zeit verhandelbar ist; und aus ihrer Krimilektüre wisse sie, dass man gerade solchen Fällen besonders misstrauisch begegnen müsse.

Die Bürger sind froh, wenn für diesen Pflichtdienst als Geschworener nicht allzuviel Zeit drauf geht. Allerdings geht es um eine lebenslängliche Strafe bei positivem Befund der Gschworenen.

Bei Eastwood wird die Erzählung andersrum aufgezäumt. Sie fängt mit der Titelfigur, dem Geschworenen Nummer zwei, an. Das ist ein Schauspieler, wie Hollywood ihn nicht besser erfinden könnte, Nicholas Hoult als Justin Kemp, junger Familienvater mit hochschwangerer Frau Allison (Zoey Deutch), Familienglück pur, auch das so schön geschildert, wie Hollywood es nicht schöner und klarer kann.

Und klar ist genauso, dass da Dunkleres heraufziehen wird. Wie zur Verfahrensinformation wird die Auswahl und das Prüfverfahren der Geschworenen geschildert. Justin wird zur Nummer zwei benannt. Die Richterin Thelma Hollub (Amy Aquino) eröffnet das Verfahren. Staatsanwältin Faith Killebrew (Toni Collette) ist sich ihrer Sache sicher. Die Verteidigung tut sich schwer. Rückblenden legen den Hergang offen. Justin ist in die Sache verwickelt. Wie er damit umgeht, das bestimmt Spannung und Dramatik des Dramas.

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