Wir leben in der Zeit. Wir passen uns der Zeit an, wir passen uns den Erzählweisen des modernen Kinos an, wir wollen nicht anecken, wir wollen anspruchsvoll sein, wir wollen so tun, als seien wir zeitgemäß und anspruchsvoll, das scheint der Untertext von Regisseur John Crowley und Drehbuchautor Nick Payne zu ihrem Kunstwerk zu sein.
Modern sein heißt so nicht nur, von der ersten Sekunde an eine extrem austauschbare Feelgoodmusik fett auf die Tonspur zu drücken, es bedeutet auch diese verhackstückten Erzählsprünge in der Zeit hin und her und den Zuschauer ein bisschen in der Luft hängen lassen.
Einmal gibt es eine genauere Zeitangabe auf der Einladungskarte zur Hochzeit von Almut (Florence Pugh) und Tobias (Andrew Garfield), beides unzweifelhaft erstklassige Schauspieler und die Verhackstückung der Erzählung ist nicht ihnen anzulasten.
In einer Szene ist blühender Frühling auf dem englischen Land und im nächsten Moment ist Weihnachten. Einmal ist Almut schwanger, im nächsten Moment ist sie bei der Chemo und im übernächsten ist sie als Karriereköchin bei einem Bocuse-Kochwettbewerb.
Dann ist die Familie glücklich zusammen mit Kleinkind, und im nächsten Moment vergessen beide Elternteile, das Kind aus dem Rainbow-Hort abzuholen, lassen es im Regen mit Betreuerin stehen. Und schon kommt das Kind in einer spontanen Geburt auf dem Behinderten-Clo einer Tanke zur Welt.
Sie hat einen Beruf, sie hat ein Karriereziel. Schon gibt es in ihrem eigenen Lokal ‚Weißwurst amuse-bouche‘ als Vorspeisenplättchen (Indiz für dezidierte Humorintention) und dann wieder versucht der Papa der Hochschwangeren aus einer viel zu engen Parklücke auszuparken.
Es gibt Arztbesprechungen und die Zeit läuft bei den Proben zum Kochwettbewerb. Dann muss sie kotzen. Oder ihr Küchengehilfe Jade (Lee Braithwaite). Einmal gibt es eine Einladung bei der Familie von ihm. Gehacktes und Geschnetzeltes aus Szenen. Ein Verwirrmenü als moderne Love-Story. Und immer wieder als Würze die Krebsgeschichte dazwischen. Bange Schwangerschaftstests.
Am Schluss fröhliches Kochen mit Eierzertrümmern von Papa mit Kind, wie für das Poesiealbum der Oma gemacht. Tobias scheint auch einen Beruf zu haben, bei dem er für ein Casting offenbar im Hotel übernachtet. Merkwürdiges Hotel, er soll einen Vertrag unterschreiben, der Schreiber tut nicht, zeitgemäße Details, so läuft er im Morgenmantel über die Straße um Schreibstifte und Süßigkeiten zu besorgen, was ist das für ein Hotel, wo es zwar Bademäntel aber keine Stifte gibt. Dann wird er hops überfahren. Trägt Halskrause. Hat Erinnerungslücken. Alles, was das Leben kunterbunt durcheinanderschreibt.
Dann wieder Liebe machen mit seiner Frau vor ihrer Chemo. Und Nasenbluten bei einem Kochwettbewerb ist – logo – hinderlich. Krankheitsbefindlichkeitsfilm? Eheproblemfilm eines modernen Paares? Auf jeden Fall gibt es bei der Ärztin gegen Magenknurren Leckerli. Vielleicht gibt es ja Menschen, die das alles interessiert – es sei ihnen unbenommen, das bekommen sie hier. Oder es handelt sich um einer Art britischen RomCom-Humors, den zu verstehen wir hierzulande nicht unbedingt in der Lage sein dürften.