Das Mädchen mit der Nadel

Die Welt ist ein schrecklicher Ort

und sie ist es besonders gern im Kino, vom Kriegsfilm über den Psychothriller und das Seelendrama bis zum Horrorfilm und das dänische Kino ist kein schlechter Ort dafür von Dreyer über Bergman, Lars von Trier.

In dieser Kultur bewegt sich Magnus von Horn stilsicher mit seinem schauderlich-schönen Schwarz-Weiß-Film, zu dem er mit Line Langebek Knudsen auch das Drehbuch geschrieben hat.

Irgendwo in Dänemark um das Ende des ersten Weltkrieges herum. In der Textilfabrik Kitzler werden von Hunderten von Arbeiterinnen Uniformen hergestellt. Eine davon ist Karoline (Vic Carmen Sonne). Von ihrem Mann Peter (Besir Zeciri) hat sie nichts mehr gehört. Sie hält ihn für tot. Selber kommt sie mit dem Leben nicht gut zurecht. Sie verliert ihre Wohnung, weil sie die Miete schuldet.

Sie fragt ihren Chef Jorgen (Joachim Fjelstrup) um eine Witwenzuzahlung. Er ist von ihr angetan. Me Too, als es den Begriff noch nicht gab. Sie lässt sich von ihm ein Kind machen. Ihr Mann kehrt entstellt aus dem Krieg zurück zur Schwangeren. Sein Gesicht erinnert an den Elephant Man.

Magnus von Horn erzählt die Geschichte ganz einfach, ohne Zwischentöne, ohne Rückblenden oder Einschübe, ohne Klammern, ohne das Andeuten verschiedener Ebenen. Es ist eine Geschichte, wie Menschen im Zusammenhang mit ihrer wirtschaftlichen Situation und ihrem Liebesbedürfnis handeln aber auch im Zusammenhang mit dem Erhalt oder der Verbesserung ihres Status oder im Kampf gegen den Verlust desselben.

Jorgen jedenfalls ist ein Waschlappen, er wagt nicht, seiner Mutter (Benedikte Hansen) zu widersprechen, die ihn zwar heiraten lässt, wen er will, aber nicht mit ihrem Geld und der Fabrik. Fall klar.

Es gibt eine Krämerin im Ort – allein das Bild dieser Gasse, eng, kurvig, leicht ansteigend, dann dieser winklige Laden mit den zwei Türen -, es ist Dagmar (Trine Dyrholm). Die verkauft nicht nur Spezereien über die Theke. Im Hinterzimmer kümmert sie sich um ungewollte Kinder. Sie betont, dass sie keine Menschenfreundin, sondern eine Geschäftsfrau sei. Sie nimmt ungewollte Kinder gegen Zahlung und garantiert, dafür Pflegeeltern zu organisieren.

Da Karoline nicht genügend Geld hat für ihr Kind, das sie an einem unwirtlichen Drecksort zur Welt bringt, kann sie bei Dagmar mitarbeiten. Hier lernt sie Narkotika kennen, mit denen Dagmar ihr Leben erträglich macht. Bei ihr lebt ebenfalls das 7-jährige Mädchen (Ava Knox Martin) Erena. Hier wendet sich der Film, der in bestechendem Schwarz-Weiß gedreht ist, mit leicht schalkhaftem Zugriff dem Horrorgenre zu.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert