Nosferatu – Der Untote

Das Gruseln vor der Ehe?

Fast könnte man meinen, es gehe Robert Eggers in seiner Interpretation des Nosferatu-Stoffes um das Gruseln einer jungen Frau vor der Ehe.

Sicher, Ellen (Lily-Rose Depp) hatte schon vor der Ehe mit Thomas (Nicholas Hoult) Wahn- und Fiebervorstellungen. Aber die Ehe ist etwas Definitives, auch heute noch, und auch das mit dem Kinderkriegen.

Fast möchte man meinen, so ausführlich der Film im zweiten Teil die Krankheitsgeschichten schildert, ihn interessiert das Krankhafte an einer normalen Ehe. Diese zeichnet er anfangs großartig, das junge Paar, das Glück, die biedermeierliche Ausstattung, das perfekte Lebensgefühl der Biedermeierzeit, die Möblierung, die spitzenmäßigen zeitgenössischen Kostüme. Romantische Gemälde.

Und es scheint, als ob es an Ellen liegt, womöglich an ihren Ängsten vor der Ehe, dass sie das Böse, das Biest anzieht. Dieser Wunsch muss so stark sein, dieser unbewusste Drang, dass er bis in die Karpaten dringt.

Anfänglich hält sich Robert Egger weitgehend an Friedrich Wilhelm Murnau, lässt sich bis weit nach Transsylvanien hinein von der murnauschen Sensibilität für Lichteffekte inspirieren und über sich hinauswachsen.

Wobei eine Überblendung erkennbar wird an Tochter Tomasin in The Witch, einem früheren Film von Eggers, Frau, Sünde, das Hexenhafte, das Übernatürliche.

Wenn sich der Regisseur nun auch noch in der Erzählknappheit eines Murnau hätte antörnen lassen, dann wäre der Film gar Top of the Top. So aber zieht er sich.

Die deutsche Synchro ist überaus sorgfältig; aber wenn sie schon Nosferatu eine Art Transsylvanien-Akkzent verpasst, so hätte sie wenigstens dem ausdrücklich als Schweizer geschilderten Professor von Franz (Wille Dafoe) einen leichten Schweizer Tonfall geben dürfen; das wäre ausnahmsweise sinnig gewesen und hätte Charme auf die Tonspur gebracht.

Im rückwärtigen Teil des Filmes kommen Assoziationen zum Thema „Die Schöne und das Biest“ aufgrund expliziter Schilderungen der Liebesakte und auch der Erwähnung von Ellen ihrem Thomas gegenüber, dass Nosferatu sexuell mehr drauf habe.

Der Verzicht auf das Breitformat lässt den Film als Kunstfilm erkennen und ermöglicht mehr Nähe und Intimität, was dem Kinoerlebnis mit diesem Stoff durchaus dienlich ist. Und was ihm auch geholfen hat: die Münchner Pressevorführung im Dolby-Kino des Mathäser Filmpalastes stattfinden zu lassen; das Kino, das am meisten Licht schluckt und so den Film – und gerade im Murnau-Kontext: das Licht – noch stärker zur Geltung kommen lässt.

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