Der Vierer

Gegen Beziehungsverdruss

Wenn die Kinder aus dem Haus sind, sind die Eltern wieder sich selbst ausgeliefert. Da kann beim einen oder anderen Paar eine gewisse Leere, eine Routine, ja direkt so etwas wie totgelaufene Liebe festgestellt werden. Das ist ein Problem. Das kann zur Trennung führen.

In so einer Krisensituation befinden sich Sophie (Julia Koschitz) und Paul (Florian David Fitz). Ihr Teen Denis (Diyar Ilhan) ist ausgezogen und die Eltern fragen sich, wo ihre Liebe von einst abgeblieben ist. Sie wollen es mit einem Vierer-Experiment probieren, sie haben sich mit Mia (Lucía Barrado), einer Spanierin, und Lukas (Friedrich Mücke) verabredet.

Der Film von Iván Sáinz Pardo, der mit Florian David Fitz und Torben Struck auch das Drehbuch nach dem spanischen Film „Amor en Polo“ von 2019 geschrieben hat, setzt bei Paul und Sophie in der Wohnung ein, bei den Vorbereitungen auf diesen Viererabend. Paul hat sogar extra ein spanisches Buffet hergerichtet. Zuerst wollen sich die Paare in einer Bar treffen.

Der Film ragt aus dem Gros der deutschen, subventionierten Beziehungskomödien heraus, weil er realen und möglichen Beziehungskonflikten radikal und unerbittlich auf den Grund geht. Es ist also kein typisch deutscher Themenfilm, für welchen zu einem fernsehredaktionell korrekten Thema Pappfiguren erfunden werden, die die themenillustrierenden Sätze ablassen müssen, es ist aber auch nicht die typisch deutsche Erfolgskomödie, die sich aus Geschlechterwitzchen und Zoten nährt.

Es gibt noch Schnittmengen mit den erwähnten typisch deutschen Filmen: die Musik wäre gar nicht nötig, die wirkt wie draufgelegt, weil es sich halt gehört. Die Ausstattung ist oft viel zu gut belichtet, interessant ist, was die Figuren miteinander anstellen. Der Schnitt ist oft hektisch, als ob er und die Kamera der Substanz des Drehbuches nicht trauten. Auch dieses hat möglicherweise Schäden erlitten durch ein Drehbuchbearbeitung durch zwei Frauennamen, die im Abspann zu schnell vorbeiliefen und bei IMDb nicht eruierbar sind. Die Vorlage für das Drehbuch lieferte der spanische Film Amor en Polvo von 2019.

Der Film ist ein happiges „den Dingen auf den Grund gehen“. Dafür sind Iván Sáinz Pardo nur die besten deutschen – oder bei Mia spanischen – Schauspieler gut genug. Sie lassen sich ein nicht nur auf schonungslosen Seelenstrip, sich trauen sich auch körperlich.

Der spanische Input zum Genre der deutschen Beziehungskomödie erweist sich als Gewinn, auch wenn dabei manch Haushaltgegenstand in die Brüche geht oder es auch mal zu einem blauen Auge führt. Dann wird aber auch wieder ruhig und ernsthaft darüber diskutiert, was denn Liebe sei, was Beziehung wertvoll mache oder über die harte Währung Vertrauen; über Lustangst und das Risiko, sich zu öffnen, und es wird auch, was als besondere Kunst in der Schauspielerei gilt, sich zugehört.

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