Schwarzer Zucker – Rotes Blut

Recherche-Abenteuer

Luigi Toscana, der Dokumentarist und hier der Recherche-Protagonist, hat für einen Film Hunderte von Holocaust-Überlebenden proträtiert, Menschen ohne Kindheit. Warum genau er bei Ana weitergemacht hat, das wird in diesem an sich sehr persönlichen Film, nicht ganz klar, erweist sich aber als guter Riecher.

Ana war als Kind mit ihrer Mutter und Geschwistern im KZ. Was für eine Recherche-Thriller aus dem Nachbohren würde, das konnte der Filmmemacher anfangs wohl nicht wissen.

Ana ist im Ruhestand, war Molekularbiologin und lebt in Kiew mit ihrer Tochter Olga. In Kiew hat Toscana sie 2014 photographiert.

Der Film fängt mit einem literarischen Text der Tochter Olga an, in dem es um den titelgebenden Zucker geht, warum er ’schwarzer Zucker‘ heißt, und was die Bewandtnis zum KZ ist. Ana wurde dort von den Nazis als Kind für Propagandafilme eingesetzt, später benutzten die Sowjets das Material für ihre Propaganda.

Hier kommt ein Schlüsselelement für die Recherche in diesem Film zum Tragen: die im Unterarm eintätowierte KZ-Nummer von Anna. Nicht ganz deutlich erkennbar, aber deutlich ausgesprochen.

Auch Dokumentaristen können falschen Fährten folgen, auch falsche Fährten führen zu allerlei Archiv-Orten und liefern so wiederum historische Informationen.

Aber, um auf die richtige Fährte zu kommen, bedarf es direkt der Fantasie; Fantasy und Holocaust-Aufarbeitung kommen sich hier sehr nahe. Der Film weist eine gewisse Parallelität auf zu Das Gullspang-Geheimnis, welches zwar in Skandinavien spielt, aber ursprünglich auch mit dem Holocaust und dem Trennen von Zwillingen zu tun hat aus Angst vor den Experimenten des Doktor Mengele.

Eine andere gemeinsame Schnittmenge weist der Film zu Kreis der Wahrheit auf. Auch hier geht es um letzte Zeitzeugen, um Schwestern, die als Kinder im KZ waren; dieser Film ist künstlerisch-feierlich, mehr gedenkveranstaltungshaft. Während Toscanas Recherche abenteuerliche Wendungen nimmt, dabei das Grauen der KZ-Vernichtungs-Praxis nicht auslässt und auch eindrucksvolle Illustrationen einfügt.

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine spielt mit. Aber die Protagonistin Ana meint, sie habe Hitler überlebt, sie werde auch Putin überleben und sie weigert sich, nach Deutschland umzuziehen, wo es doch viel sicherer sei.

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