Schöne Lektion
Über den Dalai Lama, den Medienprofi, gibt es jede Menge Filme, einer der jüngeren war Mission Joy – Zuversicht und Freude in bewegten Zeiten. Hier trifft sich der Dalai Lama mit dem südafrikanischen Erzbischof Desmond Tutu und nebst aller Weisheit ist es herrlich, wie die beiden alten, weisen Männer momentweise wie kleine Buben rumalbern.
Jetzt im neuesten Film, dem von Philipp Delaquis und Barbara Miller, gibt es sozusagen die reine Lehre.
Der Film ist im Rahmen aufgezogen als eine direkte Ansprache ans Publikum. Der greise Dalai Lama wird zu einem Sessel geführt und es wird ihm erklärt, in welche Kamera er sprechen müsse. Es wird eine 90-Minuten-Fassung der buddhistischen Lehre von der Gewaltlosigkeit, die mit dem Glück, was eine Pflicht der Menschen sei, unabdingbar zusammenhänge.
Nicht im kapitalistischen Sinne, dass jeder seines Glückes Schmied sei, sondern dass jeder dank seinem Gemüt, das von der Grundhaltung her von der weiblichen Fähigkeit des Mitgefühls geprägt sei, das Hirn beeinflussen soll in Richtung Ausgeglichenheit, in Richtung Zügelung negativer Emotionen, in Richtung Optimismus.
Dabei fasziniert den Dalai Lama durchaus, was das menschliche Hirn alles an moderner Technik und Wissenschaft erfindet, er unterscheidet aber sofort, wie weit es seiner Lehre gemäß hilfreich sei. Dieser wünschenswerte Vorgang kann durch Meditation, die nicht nur Leere meint, befördert werden.
Ziel ist es, dass die 8 Milliarden und mehr Menschen auf der Welt friedlich und im Sinne der Bewahrung des Planeten, der Ökologie, zusammenlebten.
Diesen Ausführungen voran stellt der Dalai Lama einen Kurzabriss seiner Geschichte und damit jener des tibetischen Volkes, das friedlich am Himalaya lebte, bis die Chinesen es 1959 gewaltsam eroberten und ihn und viele seiner Landsleute vertrieben mit dem Ziel, die tibetische Kultur auszumerzen.
Gemäß seiner eigenen Lehre hegt der Dalai Lama keinen Groll, keinen Hass, keine Rachsucht; er hat Mitgefühl mit den Eroberern und setzt auf das Mittel des Dialogs.
Zur Illustration verwendet der Film Archivfootage aus dem Leben seines Protagonisten, solches ist wie immer besonders spannend, er schneidet aber auch Illustrationsmaterial aus Natur, Technik, Menschen dazwischen und dann gibt es zudem noch Footage aus dem aktuellen Leben des Dalai Lama in seiner Residenz im indischen Dharesalam, wo er nach wie vor ein Flüchtling ist.
Grotesk wirkt es, wie der Verkünder der Gewaltlosigkeit von Soldaten mit dem Gewehr in der Hand bewacht wird, die ihn auch militärisch grüßen. Es stimmt nachdenklich, wenn er den Menschen ein friedliches, glückliches 21. Jahrhundert wünscht, wenn man die verheerenden Gewalteskalationen, die keine Grenzen zu kennen scheinen, auch in humanitärer Sicht, allein in unserer Gegenwart betrachtet. Etwas mehr Compassion wäre da doch wünschenswert bei einigen der Kriegsführer und Kriegstolerierer und Kriegsgewinnler.