Marianengraben

Südtirol als Todeslandschaft

Das sind eindrückliche Landschaftsaufnahmen und da das Thema des Filmes von Eileen Byrne nach dem Roman von Jasmin Schreiber der Tod ist, entfaltet Südtirol die entsprechend düstere Wirkung, auch wenn ab und an geflachst wird über die Toten, mit deren Ruhe man es in Südtirol nicht so genau nehme. Es gebe da gerne zwei Beerdigungen, die offizielle, und dann werde nächtens der Sarg oder die Urne ausgebuddelt und an einem heimischeren Plätzchen beigesetzt.

Es geht nicht nur um den Tod des Menschen, es geht auch um eine tödliche Erkrankung, ein Krebsfilm. Protagonist Edgar Selge als Helmut hat einen argen Husten, immer nah am Todesröcheln. Aber nicht nur um seinen Tod geht es. Auch um den Tod von kleinen Geschwistern, von kleinen Kindern.

Der Film schickt Helmut auf eine Reise im Camper nach Südtirol, vorbei an Schloss Neuschwanstein. Da hat er schon Paula (Luna Welder) aufgelesen. Die wird vom Tod des kleinen Bruders verfolgt. Der erscheint ihr oft, mahnt sie auch mal, nicht zu rauchen.

Zwei Todbefasste auf Road-Movie ins gelobte Filmförderland Südtirol. Da gibt es düstere Locations dazwischen, Wald und Parkplätze, gruselige Behausungen.

Damit begnügt sich der Film nicht, er denkt auch an den Tod der Natur, das allerdings nur als Zitat.

Paula ist Meeresbiologin, abgebrochen. Sie hat Wasserproben aus dem Marianengraben untersucht, die tiefste den Menschen bekannte Meeresstelle. Hier gibt es Mikroplastik, ein Todeszeichen für den Planeten, wenn wir das richtig verstehen, ein Grund für Paula, das Studium abzubrechen.

Der Mensch kommt mit dem Tod nicht zurecht. Das war schon bei Beetlejuice Beetlejuice festzustellen. Dort war der Umgang immerhin souverän im Sinne der Erkenntnis, dass allenfalls ein Spukfez hilft.

So klar ist das bei Eileen Byrne nicht. Sie hat den Roman von Jasmin Schreiber „irgendwie“ zu einem Film umgesetzt, der von sich aus und ohne Kenntnis des Romans, der auf Anhieb auf der Spiegel-Bestseller-Liste gelandet sei, seine Notwendigkeit, sein Need nicht plausibel machen kann.

Bei einer Kurzbeschreibung des Romans scheint es primär um die Figur der Paula zu gehen. Helmut wird dann ein Antagonist, der bei ihrem Umgang mit der Trauer eine entsprechende Rolle spielt. Das bringt der Film so nicht, das wird im Film nicht so exponiert, obwohl im Abspann sogar eine dramaturgische Beratung erwähnt wird, eine Angelika Manning, der das vielleicht auch nicht aufgefallen ist.

Möglicherweise könnte man den Film eher verstehen, wenn er konsequent aus der Sicht von Paula und ihren Problemen mit dem Tod, mit der Vergänglichkeit erzählt würde, wenn das der Interest-Catcher wäre, und Helmut essentiell als Charge behandelt würde; was dem entgegenkäme, dass Edgar Selge nach wie vor wenig Leinwandaffinität besitzt. So wäre allen gedient, dem Darsteller, der Geschichte, dem Konsumenten.

Es wird aber leider von dieser Grundstruktur abgelenkt, beispielsweise mit einer absurden Staubsauger-Szene im Wohnwagen, die das Grundthema des Filmes in geradezu grotesker Weise beiseite schiebt, genau so wie die Polizistenszene. Alter Grundsatz filmischen Erzählens, bittschön beim Thema bleiben und auf Firlefanz und Lieblinge verzichten. Die wenig plausible Musikauswahl erhöht noch das Unbehagen an diesem Film.

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