Heretic

„Warum lassen Sie mich alle gewähren?“,

das fragt sich mit einem Ton der Überraschung Hugh Grant als Bösewicht Mr. Reed. Ihm laufen zwei Mormonenschwestern, Barnes (Sophie Thatcher) und Paxton (Chloe East) in die Falle. Er zeigt sich freundlich und interessiert und auch informiert über die Anliegen nicht nur der Mormonen, sondern der Religionen insgesamt. Ja, er hat sogar ausgeklügelte Theorien, die den Film schnell mal in Richtung Akademelei treiben, wie die ganzen Religionen auf eine einzige, gemeinsame Geschichte zurückgehen, die These vom Iterismus.

Reed ist ein Religionszyniker, vielleicht auch ein Machtzyniker, wie seine oben zitierte Frage vermuten lässt. Was die Menschen alles mit sich machen lasssen. Es ist der perfekte Film zum amerikanischen Wahltag dieser Woche. Warum nur wählen die Menschen einen Lügner, einen verurteilten Kriminellen zu ihrem Präsidenten? Wie ist das menschenmöglich? Beten hilft auf jeden Fall nicht.

Wer einmal im Haus von Mr. Reed ist, kommt nicht mehr heraus. Merkwürdig, dass er die Haustür mit einem Zeitschloss von innen verriegelt. Der Zuschauer muss hilflos mitansehen, wie die zwei jungen und doch recht naiven Frauen in der Falle sitzen und wie sie das allmählich wahrnehmen, ein Dämmerprozess.

Über diese Unergiebigkeit hinweg werden die theologischen Diskussionen geführt. Hilfe ist nicht in Sicht; der Elder (Topher Grace) lässt sich im Schneegestöber abwimmeln.

Es gibt Symbole im Film. Eine seltsame Anlage zum Sammeln von Wassertropfen, die von der Decke fallen. Immer wenn die Kelle am Arm voll ist, kippt sie das Wasser mit einem Knall in die Wanne unter ihr.

Der Film von Scott Beck und Bryan Woods fängt vom ersten Moment spannend an. Aufmerksamkeit heischend. Die zwei Schwestern sind auf einer Bank sitzend von hinten zu sehen. Vor ihnen Natur. Sie unterhalten sich über Kondomgrößen. Man muss zuhören, während die Titel laufen.

Ein Positionwechsel der Kamera zeigt sie von vorn und dass sie Mormonen-Schwestern sind mit dem Namensschild auf dem Revers. Dann sieht man sie beim Missionieren; die eine ist neu und aufgeregt. Zum einsamen Haus von Mr. Reed fahren sie mit ihren Rädern.

Spannend wird der Film dann wieder, das ist jetzt Spoilerei, wenn die eine der Frauen sich in punkto Raffinesse plötzlich dem Übeltäter gewachsen zeigt. Da hat der Film die doch sehr papierenen Phasen der Gottesdiskussion hinter sich. Da gewinnt die These von der Kontrolle über die Menschen Brisanz.

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