Private Befindlichkeiten
Irgendwo in Berlin. Zwischen Wohnblocks und Wohnsiedlungen. Junge Menschen. Sie hängen rum, sie skaten. Sie sind keine Aktivisten, wie im Film von Felix Maria Bühler Bis hierhin und wie weiter?, sie wollen aber auch nicht Karriere als Skater machen wie in 2unbreakable von Maike Conway.
Hauptfigur Kesse (Pascale Numan) arbeitet in einem Gartencenter. Kesse hatte ein Verhältnis zu May (Sira-Anna Faal). Ein bekiffter Bub kommt zu Tode, weil er zu gefährlich auf einer Dachkante skatet. Kesse wird die Schuld an diesem Tod zugeschrieben. Kesse erhält Besuchsverbot im Häuschen der Mutter von May, Frau Latussek (ein solche kommt in der Besetzungsliste von IMDb nicht vor). Die Skatergruppe will Kesse ausschließen. Kesse lebt im Wohnblock beim Vater von Luca, dem kleinen Bruder. Der Vater heißt, so ist später zu erfahren, Quirin (Max Hubacher). Der ist Polizist. Das Thema non-binär wird im Zusammenhang mit Kesse erwähnt.
Der Film von Moritz Krämer nach dem Drehbuch von Saskia Benter Ortega baut eine dichte Atmosphäre, Berliner-Wohnquartier-Atmosphäre, Jugend- und Skateratmosphäre. Er fasziniert durch dieses Atmosphärische, das er ruhig und unaufgeregt herstellt und dadurch, dass er sein wohl zentral intendiertes Thema des Non-Binären dem Zuschauer keineswegs aufs Auge drückt, sondern es mehr so nebenbei als Ungefähres, schwer Fassbares belässt.
Insofern ein angenehmer deutscher Themenfilm, der nicht einen Moment lang besserwisserisch, erklärend oder belehrend auftritt, gar die Moralkeule schwingt.
Der Zuschauer bekommt den Unfall des Buben mit Todesfolgen zu sehen. Darauf macht der Film einen Sprung von drei Monaten, erinnert aber den Unfall oder den Mord. Die Gerüchte drum herum bleiben nebulös, genau so wie der Gerichtsfall und erstaunlich ist, dass die Clique, die gerne die Surfaktion filmt, Kesse wieder aufnimmt. Kesse will Mut beweisen und fällt bei einem Sprungversuch zwischen zwei Container, allerdings ohne sicht- und spürbaren Folgen.
Der Film lässt ab und an die Schuldfrage um den Tod des Jungen aufblinken, ohne sie näher zu beleuchten. Es muss der Bub von Frau Latussek und also der kleinere Bruder von May sein. Einmal wird der Tatort konkreter lokalisierbar, indem im Hintergrund der Schriftzug ‚Kunstgewerbemuseum‘ erkennbar wird; nahe ist auch ein Kunstforum. Sonst aber wird mit dem Justiziablen des mutmasslichen Mordes sparsam bis fragmentarisch umgegangen. Der Film endet noch bevor es zur Gerichtverhandlung und der Ortsbegehung durch das Gericht kommt.