Der Wille zur emotionalen Berührung
Nicht nur in der Grundstruktur der Geschichte, in jeder einzelnen Szene gibt Steve McQueen (12 Years a Slave) zu verstehen, dass er mit seinem Film die Zuschauer emotional berühren möchte, indem oder während er einen Blick auf den Blitzkrieg der Deutschen gegen England wirft.
Hier kämpfen die Menschen ums Überleben, ständig müssen sie in die Luftschutzbunker oder in U-Bahnstationen flüchten vor den Bombenangriffen. Diese zeichnet der Film so bedrohlich wie selten im Film, Absicht der emotionalen Berührung.
Aber auch die Protagonistenkonstellation ist ideal, um den Zuschauer zu berühren. Eine Mutter, Rita (Saoirse Ronan) versucht im Bombenhagel mit ihrem Buben George (Elliott Heffernan) zu überleben. Einen Vater gibt’s nicht mehr. Den Buben soll sie der Sicherheit halber mit einem der Kindertransporte aufs Land verschicken. Emotional berührend: die Trennung, die eigenen Wege der beiden, der Bub büchst aus, streift allein durch das vom Krieg beschädigte und weiterhin bedrohte London.
Spezialrühreffekt: Mutter und Bub suchen sich im Kriegsdurcheinander. Noch berührender: George betritt als Charles-Dickens-Junge, der von Halunken angeheuert wird, leichenschändend in ein von Bomben zerstörtes Lokal, in dem die Mutter schon gefeiert hat. Rühreffekt über Rühreffekt.
George, Kind einer britischen Mutter und eines afrikanischen Vaters, trifft auf den Polizisten Ife (Benjamin Clémentine), der selbst aus Nigeria stammt, sich seiner annimmt und ihm Bewusstsein für den afrikanischen Ursprung beibringt.
Es gibt Berührszenen, die den Rassismus behandeln und solche, die an den Kolonialismus erinnern, wenn der Bub allein duch die luxuriösen Auslagen der Empire-Galerie irrt.
Das zerbombte, rauchende London ist deutlich computeranimiert, aber man sieht auch, dass diese Art der Animation sich weiter in Richtung Glaubwürdigkeit entwickelt.
Hans Zimmer hat eine ernste Musik drübergelegt, die der Intention der Regie entsprechen dürfte, die jedenfalls nicht der These des Needs zur emotionalen Berührung und der in diesem Film zum Ausdruck kommenden, tiefen Sehnsucht nach Menschlichkeit unter den Menschen widerspricht.